Dienstag, April 10, 2007

Was unterscheidet eine Anwaltskanzlei von einem Copy-Shop ?

Antwort: Im Copy-Shop müssen Kopien bezahlt werden.

Durch die Einführung des RVG am 1.7.2004 sind Kopien, die im Zuge einer Mandatsbearbeitung in einer Kanzlei nicht mehr ohne weiteres den Mandanten in Rechnung zu stellen. Vielmehr "gelten" sie als mit den Gebühren abgegolten.

Anders die Justiz:

In einem Rundschreiben der RAK Karlsruhe heißt es:

"IV. Änderungen bei der Dokumentenpauschale

Im Justizmodernisierungsgesetz verbirgt sich eine Änderung, die für die Kolleginnen und Kolle­gen von Bedeutung ist:
Gerichtskostenverzeichnis KV Nr. 9000 Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten
Der Auslagentatbestand Nr. 1 lautet jetzt wie folgt “Ausfertigungen, Ablichtungen und Ausdrucke, die auf Antrag angefertigt, per Telefax übermittelt oder angefertigt worden sind, weil die Partei oder ein Beteiligter es unterlassen hat, die erforderliche Anzahl von Mehrfertigungen beizufügen, oder wenn per Telefax übermittelte Mehrfertigungen von der Empfangseinrichtung des Gerichts ausgedruckt werden“.
Der Begründung entnehmen wir: Mit der Änderung soll erreicht werden, dass die Dokumentenpauschale auch dann erhoben wird, wenn die Partei die Mehrfertigungen für die Zustellung an den Gegner (§ 133 Ab s. 1 ZPO) in der Weise „beifügt“, das die Schriftsätze mehrfach gefaxt werden. In diesen Fällen entstehen der Justiz zusätzliche Kosten für Papier und Drucker.
Das heißt, dass künftig jedes bei der Justiz gefertigte Blatt mit 50 Cent kostenpflichtig wird, egal ob die Justiz selbst kopiert oder ob die Mehrfertigung über das Telefaxgerät eingereicht wird."

RAK Karlsruhe, Rundschreiben vom 29.03.2007

Während also die Anwälte für die Fertigung von Kopien (die Zeit, Geld und Toner kosten) nichts mehr bekommen, verlangen die Gerichte künftig selbst für eingehende Telefaxe Geld (sofern hierdurch nicht für das Gericht, sondern für andere Beteiligte bestimmte Schriftstücke eingereicht werden).

Einerseits ist dies eine klare Benachteiligung von Kanzleien, die nicht am Sitz des angerufenen Gerichts residieren. Während beispielsweise eine Karlsruher Kanzlei eine Frist voll ausschöpfen kann und einen Schriftsatz bequem (?) noch um 23:59 in den Gerichtsbriefkasten des dortigen OLG einwerfen kann, müsste ein Weinheimer Anwalt spätestens um 23:10 den Schriftsatz vollendet und ausgefertigt haben, um diesen mit dem PKW in das 60 km entfernte Karlsruhe zum Gerichtsbriefkasten zu bringen. Bei einer Übermittlung per Telefax fielen zu Lasten des Mandanten 0,50 Euro pro Seite an.

Andererseits wird ja im Winter keine Heizungsgebühr erhoben, oder eine Aktenlagerungsgebühr. Warum ausgerechnet Druck und Kopiekosten gesondert in Rechnung gestellt werden, die schlieslich auch nur der Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes dienen, bleibt mir schleierhaft.

Ich bin sicher, die Anwaltschaft wird Wege finden, die Unsinnigkeit dieser Kostenvorschriften zu beweisen.

4 Kommentare:

  1. Nur nachgefragt:

    Vorab zur Fristwahrung - Mehrfertigungen und Anlagen auf dem Postwege -

    müsste die Kostenfolge doch vermeiden. Oder?

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  2. Diesem Rechtsstaat ist eben kein noch so kleinlicher Schwachsinn peinlich, mit dem sich vermeintlich Geld sparen bzw. verdienen lässt. Dass die entsprechenden Verwaltungskosten diese vermeintliche Einnahme höchstwahrscheinlich übersteigen, ist natürlich eine böse Unterstellung. ...

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  3. Ich könnte mich dieser Meinung anschließen.

    Ändert aber nichts daran, dass die Staatskasse für Kopien die Hand aufhält, während die Anwaltschaft diese von Gesetzes gratis fertigen soll.

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  4. Nanana, mit dem Einwerfen um 23:59h wird's nix. In der Stadt des Rechts werden die Bürgersteige pünktlich um 22:00h hochgeklappt. Und wer mit dem Gedanken spielt, er könne sich dieser Stadt mittels PKW nähern, hat die lokale Parkplatzsituation noch nicht erlebt.

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