Montag, Mai 21, 2007

Beratungshilfe - requiescas in pacem

Mit dem Beratungshilfegesetz sollte eigentlich auch bedürftigen Menschen ein Zugang zu rechtlicher Beratung eröffnet werden. Auch wenn sich kein Anwalt um derartige Mandate reißen wird, weil die Vergütung hierfür in keinem Verhältnis zu dem entstehenden Aufwand steht, so ist die Anwaltschaft standesrechtlich dazu verpflichtet diese Mandate zu übernehmen. Die Rechtspfleger bei den Amtsgerichten, die für die Ausstellung der Beratungshilfescheine zuständig sind, scheinen einerseits den Anwälten nicht einmal den schwarzen Dreck unter den Fingernägeln zu gönnen und schwingen sich andererseits offenbar gerne zu Hütern der Justizhaushalte auf.

Grund meiner Verärgerung ist folgender Sachverhalt:

Eine unzweifelfaft mittellose und bedürftige Mandantin beauftragte mich nach angemessener Zeit mit der Überprüfung und gegebenenfalls Neufestsetzung des laufenden Kindesunterhalts für ihre beiden minderjährigen (und ebenfalls mittellosen) Töchter. Die Anträge auf Gewährung von Beratungshilfe wurden zunächst durch das Amtsgericht zurückgewiesen. Es gäbe schliesslich kostenlosen Beistand durch das Jugendamt und Angaben zur Überprüfung eines Prozesskostenvorschusses durch den Kindesvater wären auch nicht gemacht worden.

In einem ausführlichen Schreiben wurde schliesslich dargelegt, dass ein Prozesskostenvorschuss in Höhe der Regelgebühren beim Kindesvater ebenfalls nicht zu realisieren sei.

Heute, nach nunmehr über 12 Monaten nach meiner Stellungnahme, wurden die Anträge auf Beratungshilfe durch Beschluss zurückgewiesen.

Unter Bezugnahme auf einen Beschluss des OLG Köln vom 5.12.2001 (Az. 27 WF 230/01) führt der Rechtspfleger aus:

Nach dieser Entscheidung wäre dem armen minderjährigen Kind, bei hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung, Prozesskostenhilfe nur mit Raten zu bewilligen, wenn es gegen seine Eltern oder einen Elternteil einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss hat, der in Raten erfüllt werden kann, so wie hier.
Beratungshilfe wird aber nur dann gewährt, wenn Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsbestimmung zu bewilligen wäre, § 1 Abs. 2 BerHG.

Der gute Rechtspfleger verkennt nur eines. Im Rahmen eines Klageverfahrens auf Unterhalt kann ich mittels einer einstweiligen Anordnung den Anspruch auf Prozesskostenvorschuss auch notfalls gegen den Willen des Unterhaltsschuldners durchsetzen. Jetzt verlangt der Rechtspfleger tatsächlich die Gebühren für die anwaltliche Vertretung des Kindes bereits aussergerichtlich beim Unterhaltsschuldner geltend zu machen. Notfalls müsste eben der "Prozesskostenvorschuss" isoliert eingeklagt werden, wenn zwar der höhere Unterhalt, aber nicht die Anwaltsgebühren anerkannt werden.

Ausserdem wird hier dem Anwalt zugemutet tätig zu werden, ohne dass feststeht, wer das Honorar bezahlt. Ob nämlich die Voraussetzungen für einen Prozesskostenvorschuss vorliegen oder nicht, wird in einer Vielzahl von Fällen erst dann feststehen, wenn ein Auskunftsverlangen bereits beantwortet wurde. Bis dahin soll der Anwalt also "pro bono" arbeiten. Den Lohn gibt es im Himmel.

Danke, da klage ich lieber gleich. Und dann haben die Richter die Arbeit.

10 Kommentare:

  1. "Requiescas" - welche Sprache soll das sein? (Latein ist es jedenfalls nicht.)

    AntwortenLöschen
  2. Manche Leute sind mit der Beratungshilfe auf DU und Du!

    AntwortenLöschen
  3. Sprachlich lasse ich das gelten.

    Wer mit der Beratungshilfe auf du und du ist, sollte dann aber nicht dem Rechtspfleger vorwerfen, was allenfalls ein Webfehler des Gesetzes ist.

    AntwortenLöschen
  4. 1. Es ist umstritten, ob ein Prozesskostenvorschuss überhaupt in Raten erbracht werden muss. Schliesslich ist der PKV eine Unterhaltsleistung, bei der die Leistungsfähigkeit des Schuldners Anspruchsvoraussetzung ist.

    2. Es ist umstritten, ob die Bedürftigkeit des Antragstellers (der Beratungshilfe) durch die lediglich mögliche (aber ungewisse) Realisierung von Forderungen beseitigt werden kann, wozu auch der Anspruch auf PKV zählt. Zumal, wenn PKV-Schuldner und Anspruchsgegner identisch sind.

    Den Verweis auf PKV würde ich mir bieten lassen, wenn sich der Hauptanspruch gegen eine dritte Partei richten würde.

    M.E. liegt kein gesetzlicher Webfehler vor, sondern eine Rechtsversagung durch die Kostenbeamten.

    AntwortenLöschen
  5. Zum einen sind die Rechtspfleger sicherlich nicht die Hüter des Staatsschatzes. Zum anderen sollte der Autor mal einen Blick ins Gesetz werfen. Beratungshilfe scheidet schon allein deshalb aus, da bei mj Kindern in aller regel in Unterhaltsfragen der Verweis an das Jugendamt zu tätigen ist. SWo ist das Gesetz schlichtweg aufgebaut. Subsidiär. Und da die RAE - wie sie selbst sagen - die Beratungshilfe ungerne machen, da aufwendig und unwirtschatlich, sollten Sie den Rechtspflegern dankbar sein, dass diese die Voraussetzung intensiv prüfen und an andere Stellen verweisen. Damit ist dann dem R geholfen ( der es ja angeblich nicht machen will ) und dem Bürger, der eine entsprechende Hilfe bekommt.

    AntwortenLöschen
  6. @ Stefan

    Welcher Mandant geht erst zum Amtsgericht und lässt sich einen Beratungshilfeschein geben und geht dann damit zum Anwalt ?

    So sollte es vielleicht sein....

    Ich rede von den Fällen, in denen bereits eine qualifizierte Tätigkeit und Beratung erfolgt ist und in denen der Rechtspfleger den Schein verweigert.

    AntwortenLöschen
  7. siehe zu diesem Blogbeitrag auch
    http://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?t=16368

    AntwortenLöschen
  8. @ Kirksvej

    Vielen Dank für den Hinweis. Leider kann ich dort keine Stellung nehmen. Daher hier folgendes:

    Ich habe vor den Rechtspflegern und ihrer Arbeit Respekt. Nicht jede Formulierung hier sollte persönlich genommen werden.
    (schwarzer Dreck unter den Fingernägeln...) Leider sind die BerH-Gebühren jämmerlich gegenüber den Regelanwaltsgebühren...

    Der Rechtspfleger hat tatsächlich auch auf das JA verwiesen. Ob die rechtliche Vertretung bei der Unterhaltsanpassung noch eine Beistandsleistung im Sinne des KJHG ist, halte ich für fraglich.

    AntwortenLöschen
  9. Das JA ist nicht nur zumutbar, sondern stets auch in besonderem Umfang geeignet. So steht es in jeder Kommentierung und in unzähligen Entscheidungen.

    Sicherlich nicht beneidenswert, wenn man gearbeitet hat und dann das Geld nicht erhält. Andererseits geht die nachträgliche Antragstellung stets auf das Risiko des Rechtsanwaltes. Bestes Bsp: Kommentar Feuerich/Braun zu § 49a BRAO!
    Zum Glück für die Anwälte - die diese für sie denkbar schlechte Regelung ausdrücklich wollten - sit angedacht, die nachträgliche Astellung abzuschaffen.

    AntwortenLöschen