Mittwoch, Dezember 19, 2007

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Mehrwertsteuererhöhung

Aus der Pressemitteilung Pressemitteilung Nr. 117/2007 des BVerfG vom 19. Dezember 2007:


Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -

Pressemitteilung Nr. 117/2007 vom 19. Dezember 2007

Beschluss vom 6. Dezember 2007 –
1 BvR 2129/07

Verfassungsbeschwerde gegen Erhöhung der Mehrwertsteuer erfolglos

Die Beschwerdeführer - ein Ehepaar und eines ihrer insgesamt sechs Kinder - wenden sich gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 von 16 Prozent auf 19 Prozent. Sie sind der Meinung, dass die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes das Prinzip der Steuergerechtigkeit verletze. Eine Familie mit Kindern werde durch die
Steuererhöhung mehr belastet als Kinderlose gleichen Einkommens. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits aus Anlass der Umsatzsteuererhöhung von 15 Prozent auf 16 Prozent zum 1. April 1998 ausgeführt, dass zwar bei der Einkommen-steuer eine Berücksichtigung der Familienverhältnisse möglich und nach dem gegenwärtigen System des Familienlastenausgleichs auch geboten sei, nicht hingegen bei der indirekt das Steuergut erfassenden Umsatzsteuer. Zwar belaste die
Erhöhung der indirekt erhobenen Umsatzsteuer Familien mit Kindern stärker als Kinderlose, weil sie wegen ihres höheren Bedarfs mehr Waren und Leistungen erwerben müssten. Diese relativ stärkere Belastung der Familien sei jedoch im System der indirekten Steuern notwendig angelegt. Sie müsse deshalb gegebenenfalls eine Kompensation bei der direkten Besteuerung durch die Einkommensteuer nach Maßgabe des
wesentlich dort verankerten Systems des Familienlastenausgleichs zur Folge haben.

Diese Erwägungen gelten uneingeschränkt auch für die hier angegriffene Erhöhung der Umsatzsteuer. Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang beanstanden, dass das von der Einkommensteuer frei bleibende Existenzminimum für Kinder nicht entsprechend erhöht worden sei, können sie dies im Rahmen ihres Angriffs gegen die Vorschriften des Umsatzsteuerrechts nicht mit Erfolg geltend machen.

Mit ihrem Begehren, die zu Kindererziehungszwecken verbrauchten Güter und Leistungen generell von der Umsatzsteuer freizustellen, verkennen die Beschwerdeführer, dass der nationale Gesetzgeber auf diesem Gebiet Bindungen durch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben unterliegt, die dies ausschließen. Die Besteuerung derartiger Güter der Art und der Höhe nach ist durch die "Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie" europarechtlich
vorgegeben. Dem nationalen Gesetzgeber steht danach kein Spielraum zu, zu Kindererziehungszwecken verbrauchte Güter von der Umsatzsteuer gänzlich freizustellen oder zumindest generell mit einem ermäßigten Steuersatz zu versehen.


Besonders bemerkenswert finde ich diese Sätze:

Zwar belaste die Erhöhung der indirekt erhobenen Umsatzsteuer Familien mit Kindern stärker als Kinderlose, weil sie wegen ihres höheren Bedarfs mehr Waren
und Leistungen erwerben müssten. Diese relativ stärkere Belastung der Familien sei jedoch im System der indirekten Steuern notwendig angelegt.


Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen eigentlich gegen diese indirekten Steuern ?

Die Mineralölsteuer wird auf der Tankquittung gar nicht ausgewiesen. Zwar muss der Tankstellenbetreiber diese an den Fiskus abführen, letztlich zahlt sie aber der tankende Kunde als preisbildendes Element des Literpreises. Wirtschaftlich belastet ist der Kunde, der aber nicht Normadressat des Mineralölsteuergesetzes ist, während der Adressat zwar zahlen muss, aber nicht voll belastet ist, weil er zwar den Mineralölsteuerbestandteil für den Fiskus einzieht, diesen aber von vorneherein nicht seinem Vermögen einverleibt hat.

Sind die indirekten Steuern nicht auch deshalb so in Mode, weil kein ordentlicher Rechtsbehelf dagegen gegeben ist ? Wo liegt die Grenze, ab der die Summe der Belastungen durch indirekte Steuern enteignungsgleiche Züge aufweist ?

1 Kommentar:

  1. Traurig, aber wahr: Man kann nicht in's Gesetzbuch schreiben, daß die Politiker sich vernünftig verhalten sollen. Auch Gerichte können Politikern kein vernünftiges Verhalten anurteilen.

    Zyniker würden ja sagen, daß man damit erst gar nicht rechnen sollte.

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