Dienstag, März 25, 2008

Bin ich im falschen Film ?

Als Student habe ich gelernt, dass in Verwaltungsrechts-, Sozialrechts- Straf- und Finanzgerichtsprozessen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, während im Zivilprozess außer in FGG-Sachen der Parteibeibringungsgrundsatz gilt.

Nun lese ich eine Entscheidung des BFH, die der anwaltlich vertretenen Partei erhebliche Auflagen zu erstinstanzlichen Beweisanträgen, Anträgen auf Einräumung von Nachfristen, etc. macht, bevor erfolgreich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs in Form der mangelhaften Sachverhaltsaufklärung durch das erstinstanzliche Finanzgericht geltend gemacht werden kann (BFH VIII B 211/06 vom 16.08.2007).

Ebenso liegt mir auch der Hinweisbeschluss eines Amtsgerichts vor, in welchem der Richter folgendes mitteilt:

Über das Internet wurde der Sitz des Honorarkonsulat von Schweden in Erfahrung gebracht...

Telefonisch wurde dort erfragt, ob von dort ein Registerauszug über die Firma des Beklagten (mögl. kostengünstig) beschafft werden kann...

Hieraus hat das Gericht zunächst einen zusammenfassenden Auszug des Registergerichts vom ... auf schwedisch (Anlage A) erhalten...

Später wurde dem Gericht noch ein historischer Registerauszug gleichfalls auf schwedisch übermittelt (Anlage B)....

Da sich das Honorarkonsulat bereiterklärte Anlage A kostenlos zu übersetzen, ...
Die Übersetzung ist als Anlage C beigefügt...

Aus dem Registerauszug ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass der Beklagte nicht passivlegitimiert ist...

Es wird Klagrücknahme angeregt...

Bei einer streitigen Fortsetzung des Rechtstreites wird ein Kostenvorschuss von (zunächst) 500 EUR seitens der Klägerin angefordert, um die Übersetzung des historischen Registerauszuges durch einen Dolmetscher für die schwedische Sprache zu gewährleisten...

Die Einholung eines Rechtsgutachtens zum schwedischen Gesellschaftsrecht bleibt vorbehalten...


Wir haben für die Klägerin keine Beweisanträge gestellt, die Gegenseite ebenfalls nicht. Wenn überhaupt wäre der Beklagte zur Einzahlung eines Vorschusses verpflichtet, den er aber nicht wird erbringen können.

Schade. Rechtswissenschaft wird ja oft auf Kosten der Streitparteien betrieben. Hier würde ich aus wissenschaftlicher Sicht ja gerne eine klagabweisende Entscheidung provozieren, um sie einer höchstrichterlichen Überprüfung zuführen zu können.

Leider ist der Beklagte mittellos, seine nach schwedischem Recht gegründete Aktiengesellschaft zwischenzeitlich liquidiert, so dass nur noch die Notbremse in Form der Klagrücknahme eine weitere Geldvernichtung verhindern kann.

2 Kommentare:

  1. nunja, die Identität/Existenz der Parteien muss das Gericht schon von Amts wegen prüfen und Auslagenvorschüsse beziehen sich nicht nur auf Beweisaufnahmen...

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