Freitag, Juni 06, 2008

Geltendmachung einer Honorarforderung

In meinem Wartezimmer sitzen ein Tierarzt und eine Ärztin, die mich mit der Beitreibung einer offenen Forderung aus Dienstvertrag beauftragen wollen. Außerdem schuldet mir auch noch jemand mein Honorar.

Die Anspruchsgrundlage ist in allen drei Fällen §§ 611,I, 612 BGB i.V. GOT/GOÄ/RVG.

Die Gebührenordnungen bzw. das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz stellen eine Taxe im Sinne des § 612,II BGB dar.

Nun steckt der Teufel im Detail.

Für mich als RA gilt § 10 RVG:

§ 10 Berechnung RVG

(1) 1Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. 2Der Lauf der Verjährungsfrist ist von der Mitteilung der Berechnung nicht abhängig.
(2) 1In der Berechnung sind die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, auch dieser anzugeben. 2Bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrags.
§ 10 RVG

Unterschrift und Ziffern des VVRVG sind somit zwingende Bestandteile der Rechnung; eine formwidrige Abrechnung kann eine Fälligkeit nicht begründen.

Gleiches gilt gem. § 12 GOÄ für die Ärztin. Die inhaltlichen Voraussetzungen an die Rechnung sind sogar noch umfangreicher:

Fälligkeit und Abrechnung der Vergütung; Rechnung § 12 GOÄ

(1) Die Vergütung wird fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine dieser Verordnung entsprechende Rechnung erteilt worden ist.

(2) Die Rechnung muß insbesondere enthalten:

  1. das Datum der Erbringung der Leistung,
  2. bei Gebühren die Nummer und die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung einschließlich einer in der Leistungsbeschreibung gegebenenfalls genannten Mindestdauer sowie den jeweiligen Betrag und den Steigerungssatz,
  3. bei Gebühren für vollstationäre, teilstationäre sowie vor- und nachstationäre privatärztliche Leistungen zusätzlich den Minderungsbetrag nach § 6 a,
  4. bei Entschädigungen nach den §§ 7 bis 9 (7, 8, 9) den Betrag, die Art der Entschädigung und die Berechnung,
  5. bei Ersatz von Auslagen nach § 10 den Betrag und die Art der Auslage; übersteigt der Betrag der einzelnen Auslage 26,56 Euro, ist der Beleg oder ein sonstiger Nachweis beizufügen.

§ 12 GOÄ

Der Tierarzt hat es scheinbar besser getroffen, seine GOT bestimmt folgendes:

§ 6 Gebühren- und Rechnungsbestandteile

(1) Die allgemeinen Praxiskosten und die durch die Anwendung von tierärztlichen Instrumenten und Apparaturen entstehenden Kosten werden mit den Gebühren abgegolten, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

(2) Neben den Gebühren für Grundleistungen, besondere Leistungen und Leistungen nach Organsystemen können die Tierärzte nur Entschädigungen, Barauslagen, Entgelte für Arzneimittel sowie für verbrauchtes oder abgegebenes Material berechnen.

(3) 1Die Rechnung soll mindestens enthalten:
1. das Datum der Erbringung der Leistung;
2. die Tierart, für die die Leistung erbracht worden ist;
3. die Diagnose;
4. die berechnete Leistung;
5. den Rechnungsbetrag;
6. die Umsatzsteuer.
2Entschädigungen, Barauslagen, Entgelte für Arzneimittel und verbrauchtes oder abgegebenes Material nach Absatz 2 sowie Wegegelder sind, soweit sie nicht in den Gebührensätzen des Gebührenverzeichnisses enthalten sind, gesondert auszuweisen. 3Im übrigen ist die Rechnung auf Verlangen des Zahlungspflichtigen aufzugliedern.

§ 6 GOT

Die GOT hat somit im Vergleich die geringsten inhaltlichen Anforderungen, da selbst die Mindestanforderungen in einer "Soll-Bestimmung" enthalten sind.

Nun wird die Tierarztforderung gerichtlich geltend gemacht, die Rechnung erfüllt die oben stehenden Voraussetzungen, es ergeht ein Hinweisbeschluss:

...

Das Gericht hat die Schlüssigkeit einer eingeklagten Rechnung selbständig zu prüfen. das kann das Gericht aber nur, wenn die Rechnung auch der Taxe entspricht, d.h. der Rechnung zu entnehmen ist, welche Gebührenziffern nach der GOT verlangt werden.

Die eingereichten Rechnungen lassen solche Gebührenziffern aber nicht erkennen. Es wird daher aufgegeben, je eine Vergleichsrechnung nach der GOT einzureichen....


Meine schriftliche Entgegnung,

die dem Gericht eingereichten Rechnungen erfüllen die gesetzlichen Formerfordernisse; eine Aufschlüsselung nach Gebührenziffern ist für die Begründetheit der Forderung nicht erforderlich, so dass hier an die Schlüssigkeit des Klagevortrages nicht höhere Anforderungen gestellt werden dürfen, als es nach § 6 GOT notwendig ist...


wurde durch ein Telefonat gewürdigt, in dem das Gericht höchstpersönlich mitteilte, man sehe den verlangten Unterlagen binnen 14 Tagen entgegen, oder es stünde frei, die Rechtsauffassung dem Landgericht darzulegen.

Selbst auf den Musterrechnungen auf der internet-Seite der Bundestierärztekammer fehlen die Gebührenziffern nach der GOT.

Angesichts der vermuteten Finanzlage auf Seiten des Schuldners, soll der Rechtstreit nicht über zwei Instanzen gehen müssen...

2 Kommentare:

  1. Ihr Denkfehler liegt darin, die Voraussetzungen an die Rechnung als Fälligkeitsvoraussetzung mit denen eines substantiierten Klagevortrags zu verwechseln.

    Fällig wird die Tierarztforderung unter erleichterten Voraussetzungen (was z.B. bei Vorliegen der sonstigen Verzugsvoraussetzungen die Möglichkeit nach sich zieht, Zinsen und andere Verzugsschäden geltend zu machen). Mit dem Darlegungserfordernissen im Zivilprozess hat das aber nichts zu tun.

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  2. Meines Erachtens unterliegt das Gericht einem Denkfehler. Die Rechnungen erfüllen die in der Taxe (GOT) festgelegten Voraussetzungen. Falls die Gegenseite einwenden sollte, es wurde eine Injektion i.m. abgerechnet, aber nur eine Injektion s.c. erbracht, ist das eine Frage der Begründetheit.

    Bei der heutigen Zahlungsmoral ist nach der Behandlung schon fast vor dem Honorarprozess. Die Auffassung des Gerichts würde bedeuten, dass (nur) für den Richter detaillierte Angaben aufzunehmen sind, als für den Kunden.

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