Mittwoch, März 16, 2011

Beginn eines Rosenkrieges

Die Eheleute haben sich getrennt. Die Mandantin erscheint kurz darauf in der Kanzlei, um sich beraten zu lassen.

In der ca. einstündigen Erstberatung werden die wesentlichen Dinge erörtert:

Ablauf des Trennungsjahres
Schicksal der Ehewohnung
Unterhalt für Ehefrau und Kind
Hausratsaufteilung
Vermögensauseinandersetzung einschließlich Aufteilung der Schulden
Sorge- und Umgangsrecht

In solchen Fällen weise ich immer daraufhin, dass eine einvernehmliche Regelung von Vorteil sei und letztlich Zeit und Geld sparen helfe.

Ich schreibe den Ehemann an "...kam es zur Trennung, nachdem Sie von unserer Mandantin gebeten wurden, die gemeinsame Ehewohnung zu verlassen" und bitte den Ehemann um 3 Terminsvorschläge zu einer gemeinsamen Besprechung, gerne auch mit dessen Anwalt.

Er meldet sich heute und wird sofort pampig. Ich sei falsch unterrichtet, er habe die Wohnung freiwillig und von sich aus verlassen. Ich weise darauf hin, dass dieser Umstand nicht wichtig sei, woraufhin er beharrt, dies klären zu wollen.

So kommen wir nicht weiter, denke ich mir und ziehe die Einladung zur Besprechung zurück. Nun bekommt er Post und alles wird nach Schema F ablaufen.

Schade eigentlich, aber ein Gegenüber, der sich in unwichtige Kleinigkeiten verbeißt, mit dem ist der Versuch einer gütlichen Regelung verschwendete Lebenszeit.

10 Kommentare:

  1. Für den Ehemann ist es elementar, ob er die Frau verlassen hat, oder die Frau ihn verlassen hat. Dies wird ihm unter Umständen wichtiger sein, als die juristische und finanzielle Abwicklung der Scheidung.

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  2. Und auf die Idee, dass es womöglich ein Fehler war, einen im Moment emotional stark lädierten Mann mit dem völlig überflüssigen Hinweis zu provozieren, er sei von Ihrer Mandantin herausgeschmissen worden, kommen Sie gar nicht?

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  3. Werter Gast, ich kann keine Provokation erkennen.
    @ Anonym
    Bei derart beengter Sichtweise hätte ein Gespräch keinen Sinn, da eine sachliche Erörterung nicht zustande käme.

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  4. Das erinnert mich an eine Sache, in der es sich der Geschäftsführer des verklagten Arbeitgebers nicht nehmen lassen hat, mich nach Klageerhebung anzurufen, um ich mit den Worten "das hat der so unterschrieben - da hat der eben Pech gehabt" über die vermeintliche Rechtslage aufzuklären. Es war dummerweise am Montagmorgen und vor dem ersten vollendeten Kaffee, was dummerweise dazu führte, dass ich ihn am Ende (zugegebenermaßen unprofessionell - es ist mir vorher und nachher auch nie passiert) angeschrien habe.

    In der Güteverhandlung kam es zu der obligatorischen Frage des Richters nach einer gütlichen Einigung, was vom Gegenkollegen abgelehnt wurde, weil er nochmal mit seinem Geschäftsführer telefoniert habe und der eine solche ablehne, weil es da ja so einen Vorfall am Telefon gegegeben habe. Auf Nachfrage erköärte der Kollege, ich hätte seinerzeit meine Stimme erhoben. Der etwas mitleidige Blick des Vorsitzenden zu mir führte zu der Aussage "lassen Sie sich nichts erzählen ... ich habe nicht meine Stimme erhoben, sondern den Mann handfest angeschrien - das ist zugegebenermaßen nicht professionell, aber in punkto schlechtes Benehmen haben wir uns da überhaupt nichts getan ... und ich entschuldige mich hier ausdrücklich für überhaupt gar nichts!"

    Das Urteil leseich übrigens manchmal, wenn ich schlecht drauf bin - da stehen so schöne Sachen drin, wie "doppelte unangemessene Klausel zu Ungunsten des Arbeitnehmers" *gg*

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  5. Die Tatsache, dass das Gespräch jetzt nicht möglich war (und ich teile die Einschätzung des Kollegen Munzinger) heißt ja nicht, dass es nicht zu späterem Zeitpunkt erfolgen kann.

    Die Wahrnehmung des Sachverhaltes, ob er verlassen hat oder raus gezwungen wurde, ist für die juristische Diskussion unerheblich, auch wenn sie für ihn von Relevanz sein sollte. Letztlich sind das leider genau die Kindergartendiskussionen, die überhaupt nicht weiterbringen.

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  6. Ich begrüße den Ansatz des Kollegen, in einem Gespräch die Dinge - so weit irgendwie möglich - gütlich zu klären. Und ich verstehe, dass man nach dem geschilderten Telefonat eher davon ausgehen sollte, dass ein solches Gespräch wenig Aussicht auf Erfolg hat.

    Man muss aber wohl auch davon ausgehen, dass das Verlassen der Wohnung, wie "freiwillig" es auch immer war, letztlich das Ergebnis einer für alle Beteiligten schweren und verletzenden Zeit war, womit jeder Mensch anders umgeht. Man kann damit - rein objektiv - das Verjhalten des Mannes kritisieren, ihm aber wohl weniger zum Vorwurf machen.

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  7. Es hat sich vielleicht einfach noch nicht rumgesprochen, dass im Scheidungsrecht nicht mehr das Schuld-, sondern das Zerrüttungsprinzip gilt.

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  8. @RA Munzinger,natürlich kann es Sinn machen ein Gespräch abzubrechen, wenn es eine Seite zu emotional wird.

    Zu einer einvernehmlichen Lösung gehört es aber auch, dass man als Jurist auch auf die emotionale Seite eingeht. Wenn der Mann darauf Wert legt, dass ihre Mandantin ihn nicht rausgeschmissen hat, sondern er freiwillig gegangen sei, dann müssen Sie das zur Kenntnis nehmen.

    Schließlich, wenn etwas juristisch keine Rolle spielt, wieso erwähnen sie es dann im Schriftsatz? In Zukunft sollten Sie es vielleicht vermeiden in Schriftsätzen festzustellen wer wen verlassen/rausgeschmissen hat.

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  9. Das Verschuldensprinzip gilt ja nicht mehr. Ich finde auch, dass der Kollege Munzinger sich sehr freundlich ausgedrückt hat. Ein darum "beten" ist kein Zwingen, dass die Freiwilligkeit entbehren würde. Ich frage die Mandantschaft immer, welches Naturell der Partner hat. Danach entscheide ich Wortwahl und Anschreiben. Zielgruppenspezifisch.

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