Donnerstag, November 22, 2012

Fall gelöst

Es war Dienstag, kurz nach 19:00 Uhr, als der erfahrene Scheidungsanwalt Phileas McMunz von einem anstrengenden Bürotag nach Hause kam. Die Kinder waren gebadet, das Essen stand auf dem Esstisch. Alles war auf Entspannung eingerichtet.

Am nächsten Morgen hallte ein Schrei durch die Gemächer, der auch dem abgebrühten Advokaten durch Mark und Bein ging. Es war seine Gemahlin, die zeternd aus dem Badezimmer kam und vor Kälte zitternd nun stotterte: "Das warme Wasser funktioniert nicht".

Systematisch nahm sich Phileas der Sache an. Sein erster Gang war in den Heizungskeller, um die Warmwasserpumpe zu kontrollieren. Er konnte nichts Verdächtiges feststellen.

Anschließend inspizierte Phileas weitere Wasserhähne und stellte höchst Merkwürdiges fest. Im Ostflügel kam tatsächlich nur kaltes Wasser aus den Hähnen, während in den übrigen Räumen alles in Ordnung schien.

Als Amateur-Klemptner wollte Phileas die Sache den Fachleuten überlassen und führte einige Telefonate. Am anderen Ende wurde der Sachverhalt staunend zur Kenntnis genommen. Derartige Dinge waren selbst den erfahrensten und versiertesten Installateuren, Stadtwerkern und Exorzisten noch nicht vorgekommen.

Unverrichteter Dinge begab sich Phileas in sein Büro und kümmerte sich dort gewissenhaft um die unbearbeiteten Fälle. Zur üblichen Zeit nahm er zu Hause sein liebevoll vorbereitetes Dinner zu sich und zog sich anschließend mit einem guten Malt in die Bibliothek zurück.

Doch seine Gedanken konnten sich nicht auf das Buch konzentrieren. Das Rätsel der verhexten Wasserhähne lies ihn nicht los. Wie in aller Welt mochte es sein, dass mitten durch das Haus eine Grenze zu verlaufen schien, die den Bewohnern bei der Morgentoilette entweder Frostbeulen bescherte oder einen angenehmen Start in den Tag? Vor seinem geistigen Auge sah Phileas kleine Kobolde durch das Haus irren, die, wo sie nur konnten, Schabernack anstellten.

Kobolde! Kleine, neugierige Wesen! Das war des Rätsels Lösung!

Hatten nicht seine Söhne am Dienstag ein Bad genommen? Gab es nicht ein Absperrventil hoch über der Badewanne, aber nicht hoch genug, um seinen ältesten Sohn, wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte, fernzuhalten?

Zufrieden machte sich Phileas auf ins Badezimmer. Eine Drehung des Warmwasserhahnes genügte, um wieder wohnliche Verhältnisse im gesamten Anwesen herzustellen.

Nicht nur Agatha Christies Hercule Poirot konnte seine grauen Zellen aktivieren.

(inspiriert von meiner derzeitigen Krimi-Lektüre)

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