Sonntag, März 24, 2013

Als Patient ins Krankenhaus - als Pflegefall entlassen

Es gibt Geschichten, da stellen sich mir die Haare im Nacken auf:

Eine alte Dame versorgt noch selbständig den Haushalt. Sie ist mobil und kann einen bescheidenen Lebensstandard selbst finanzieren.

Dann stellt der Hausarzt einen nekrotischen Zeh fest. Dieser wird fachgerecht amputiert, die Dame wird auf Diabetes getestet und bekommt entsprechende Medikation.

Nach zwei Wochen Bettruhe hat das Krankenhaus seine Schuldigkeit getan. Die Patientin kann entlassen werden.

Leider wurde die Patientin während ihrer stationären Aufnahme nicht mobilisiert. In der Folge sind alle Muskeln dystrophiert, auch die Stützmuskulatur der Wirbelsäule. Der Fuß ist den Umständen entsprechend gut verheilt. Nun klagt die Patientin über Rückenschmerzen. An Laufen ist gar nicht zu denken.

Die Kinder werden freitags informiert, dass die Mutter am Montag entlassen werde. Allerdings in ein Pflegeheim, denn eine Entlassung nach Hause könne man nicht verantworten.

So, liebes Krankenhaus. Sogar mir als Jurist leuchtet es ein, dass ein alter Mensch sehr sehr schnell Muskeln abbaut, wenn er sich nicht ausreichend bewegt. Und dem Pflegepersonal, Ärzten, Schwestern und Pflegern war das entweder nicht bekannt, oder es haben die Mittel gefehlt, Zeit und Geld, um die Patientin zu mobilisieren.


Nun stellt sich heraus, dass die alte Dame über eine Rente verfügt, die nicht annähernd ausreicht, das Pflegeheim zu bezahlen. Entweder müssen nun also die Kinder die Zeche dafür zahlen, dass naheliegendste Maßnahmen im Krankenhaus nicht ergriffen wurden, oder, was viel wahrscheinlicher ist, es muss das Sozialamt einspringen, also Du lieber Leser, deine Ehefrau, ich und alle, die Steuern bezahlen.


Man kann es als schicksalhaft hinnehmen, die Politik bemühen oder aber das Krankenhaus verklagen. So zynisch es klingt: Wenn die Haftpflichtversicherungsbeiträge höher werden, als die Kosten für das Personal, welches nötig wäre, um solche Fälle zu verhindern, dann wäre ein Ziel erreicht. Wie teuer wäre die Hinzuziehung eines Physiotherapeuten gewesen, der jeden Tag ein oder zwei Stunden mit der Dame Übungen gemacht hätte? Nun kostet das Pflegeheim jeden Monat mindestens 2.500 €, wovon mindestens 1.000 € jeden Monat aus Steuermitteln aufgebracht werden müssen.

Und noch ein Wort zum Schluss: die Menschen, die im Krankenhaus am Patienten tätig sind, trifft meines Erachtens die geringste Schuld. Schuld an derartigen Skandalen haben die Menschen, die das Geld im Gesundheitswesen verteilen.

3 Kommentare:

  1. Willkommen in der Realität!
    Gerade erst erlebt: 88 jährige wird einen Tag lang zugesch... im Bett liegen gelassen, Enkelin muss sie waschen da das Krankenhaus meint, für pflegerische Tätigkeiten seien sie nicht zuständig. Das passierte nicht in irgendeinem kleinen Hinterhofkrankenhaus sondern in der Uniklinik einer Landeshauptstadt.

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  2. Was hat denn die Kinder abgehalten einen Physiotherapeuten zu beauftragen? Was hat den Hausarzt davon abgehalten Physio zu verschreiben? Was hat die Patientin abgehalten durch den Flur zu schlurfen oder die Kinder sie zu motivieren dies zu tun? Wenn zwei Wochen reichen um zum Pflegefall zu werden ... da muss es doch nen Schuldigen geben! Naja, als Nichtangehöriger fällt es leicht zynisch zu werden.

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