Donnerstag, Oktober 31, 2013

Kehrseite der Privatisierungswelle- z.T. chaotische Zustände bei der Postzustellung

Kommunen entdecken den Begriff und die Bedeutung der Daseinsvorsorge neu. Leitungsnetze, die vor Jahren an private Investoren veräußert wurden, werden in immer mehr Städten und Gemeinden zurückgekauft.

Und das Postwesen? Wieviel Wettbewerb verträgt eigentlich ein Markt, der im grundrechtssensiblen Bereich angesiedelt ist? Nicht nur das Briefgeheimnis des Art. 10 GG ist betroffen, sondern auch der Anspruch auf eine funktionierende Rechtspflege, der sich aus Art. 20, 101ff GG ergibt. Denn eine funktionierende Rechtspflege setzt voraus, dass die Anrufung der Gerichte und die gerichtlichen Handlungen auf einem zuverlässigen Kommunikationsweg stattfinden können. Da hierbei die Schrift- oder Textform immer noch der gängigen Praxis entsprechen, tangiert ein unzuverlässiges Postwesen unmittelbar das Recht der Grundrechtsträger die Gerichte anzurufen UND auch und gerade das staatliche Gewaltmonopol, welches sich in durchsetzbaren gerichtlichen Entscheidungen niederschlägt.

Mir liegt eine micro-pekuniäre Mahnsache auf dem Tisch.

  • 22. Juli 2013 Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides
  • 25. Juli 2013 Erlass des Mahnbescheides
  • 27. Juli 2013 Zustellung des Mahnbescheides

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und nun fangen die Probleme an, um die es oben geht


  • 19. August 2013 Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides
  • 16. September 2013 Mitteilung des Mahngerichts - eine Zustellungsurkunde liege noch nicht vor
  • 24. September 2013 Mitteilung des Mahngerichts - Überprüfung der Zustellungsurkunde zeige schwerwiegende und unbehebbare Mängel, Neuzustellung wurde veranlasst
  • 21. Oktober 2013 Mitteilung des Mahngerichts - eine Zustellungsurkunde liege noch nicht vor
  • 29. Oktober 2013 Mitteilung des Mahngerichts - Überprüfung der Zustellungsurkunde zeige schwerwiegende und unbehebbare Mängel, Neuzustellung wurde veranlasst

Das Gebiet, in dem die Zustellung erfolgen soll, ist ein sozialer Brennpunkt, dennoch erinnere ich mich noch, dass in den Zeiten, in denen die Bundespost  Deutsche Post AG noch Monopolinhaberin war, derartige Probleme nicht aufgetreten sind.

2 Kommentare:

  1. Ich telefoniere seit 8 Tagen TNT Post hinterher, die mir eigentlich einen Rückruf zugesagt hatten, warum und wieso ein Brief von Stuttgart in die Region Hannover 12 (in Worten: Zwölf!) Tage unterwegs war. Im Zeitalter der Postkutschen war ein Brief wohl nicht wesentlich länger unterwegs. Selbst eBay-Schnäppchenkäufe mit Versand aus China sind oft schneller am Ziel.

    Aber warum sollte man mich auch zurückrufen und was sollte man mir auch sagen? Dass eine unfähige Laienspielgruppe Post spielt und nicht weiß, was sie tut?

    Geht ja auch nur um meine 5.000 Euro, mit denen ich nach einem unverschuldeten Kfz-Unfall mit Totalschaden in Vorleistung gehen muß. Da kann die Korrespondenz mit der gegnerischen Versicherung ja über den gesamten Abwicklungszeitraum gerechnet Monate unterwegs sein.

    Und die Bundesnetzagentur schaut nur dumm zu, anstatt solchen Möchtegerndienstleistern die Lizenz zu entziehen.

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  2. Man muss froh sein, wenn die Zustellungen überhaupt erfolgen und nicht nur die Zustellurkunden ausgefüllt werden ... Dazu gibt es ja bereits seit Jahren entsprechend - auch obergerichtliche strafrechtliche - Rechtsprechung.

    Auch das ist aber eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, den Postmarkt zu privatisieren und damit auch jede kleine Klitsche, die nur aus Familienangehörigen und scheinselbständigen Besitzern kleiner Lieferwagen besteht, zu ermächtigen und auch zu verpflichten, förmliche Zustellungen vorzunehmen, und eine ebenso bewusste Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers, eben diese Zustelldienste aufgrund der (teilweise nur anfänglich) sehr günstigen Konditionen im Wege der Ausschreibung mit der Übernahme der Zustellungen zu beauftragen.

    You get what you pay for - und das Geld gibt man eben lieber dort aus, wo man politisch mehr Beifall dafür erntet. Die Rechtssicherheit ist so furchtbar abstrakt ...

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