Dienstag, Dezember 17, 2013

Ziel erreicht, dann einen Schritt zurück

In einem Verfahren auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts von der Mutter auf den Vater musste ich mir im ersten Termin noch Bemerkungen des Gerichts anhören, ob der gestellte Antrag denn wirklich zielführend wäre.

Zur Begründung hatte ich vorgetragen, dass nach Ansicht des Vaters das Kindeswohl gefährdet sei, weil es Anzeichen dafür gäbe, dass das Kind von der Mutter massiv beeinflusst werde, die ihrerseits jeden Umgang zwischen Vater und Kind ablehne.

Im zweiten Termin erfolgte die Anhörung des Kindes im Beisein des Verfahrensbeistands durch das Familiengericht. Hierzu fand die Richterin bei Bekanntgabe des Ergebnisses mehr als deutliche Worte. "Sie sei schockiert und könne nun die Beweggründe verstehen, die zu diesem Verfahren geführt haben. Selten sei es bei einer Kindesanhörung so deutlich geworden, dass eine massive Beeinflussung durch die Mutter vorliege". Dieses Ergebnis wurde anhand der Äußerungen und des gezeigten Verhaltens des Kindes auch näher erläutert.

 Ziel erreicht, das Gericht konnte von der eigenen Position überzeugt werden. Und nun?

Ebenso deutlich wurde aber auch, dass die Bindung zwischen Mutter und Kind sehr eng war. Wem wäre gedient, wenn dem Antrag, gegebenenfalls nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Erziehungsfähigkeit entsprochen worden wäre? Dem Kind wohl eher nicht.

Mein Mandant und ich haben uns dann nach Beratung darauf verständigt, für den Fall, dass eine vernünftige Umgangsregelung getroffen werde, an dem Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht festzuhalten, um dem Kind das Signal zu geben, dass zumindest vorläufig keine Gefahr drohe, von der Mutter getrennt zu werden. Im Gegenzug wurde der Mutter in aller Deutlichkeit versucht klar zu machen, was für sie auf dem Spiel steht, wenn sie nicht dem Kind eine positive Haltung zu Umgangskontakten mit seinem Vater vermitteln würde.

Gesagt, getan. Verfahrensbeistand, Jugendamt und die anwaltlich vertretene Kindesmutter schlossen sich dieser Vorgehensweise an.

Statt (gleich) mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, wurde eine Umgangsregelung, allerdings mit Androhung von Zwangsmitteln getroffen, der Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrecht wurde zurück genommen UND das Kind wurde in den Sitzungssaal hineingebeten, wo ihm von der Richterin erklärt wurde, dass Mama und Papa es für eine sehr gute Idee hielten, wenn sich Vater und Kind in Zukunft öfter sehen könnten und die Kontakte sukzessive ausgeweitet werden würden.

Wenn das funktioniert, wurde mehr erreicht, als mit dem ursprünglichen Antrag erreicht worden wäre. Andererseits wäre ein derart schnelles Einlenken der Mutter wohl nicht zu erzielen gewesen, wenn es von Anfang an "nur" um das Umgangsrecht gegangen wäre. Und wenn es nicht funktioniert, muss das Sorgerechtsverfahren wohl durchgezogen werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen