Donnerstag, Januar 16, 2014

9 Richter, 7 Fotokopien, 3 Instanzen - ein Beschluss

Gut, dass das geklärt ist:

Der Bundesgerichtshof hat in voller Besetzung durch 5 Senatsmitglieder die Rechtsbeschwerde der Staatskasse gegen eine Beschwerdeentscheidung der 3. Zivilkammer des Langericht Kassel über einen Beschluss eines Amtsrichters am Amtsgericht Kassel zurückgewiesen, mit welcher die Staatskasse erreichen wollte, dass einem zum Verfahrenspfleger bestellten Rechtsanwalt für die Fertigung von 7 (in Worten: sieben) Fotokopien statt der beantragten 50 Cent (fünfzig) pro Fotokopie nur 15 Cent (fünfzehn) pro Fotokopie zuzüglich Umsatzsteuer erstattet werden.

Der Verfahrenspfleger bezifferte seine Gebühren und Auslagen mit stolzen 10.382 Cent, worauf die Staatskasse die Vergütung mit 10.091 Cent festsetzte.

Der Kollege hatte demnach 350 Cent, netto für Kopierkosten abgerechnet, während der Rechtspfleger mit Billigung des Amtsrichters, der der Beschwerde ja nicht abgeholfen hat, nur 105 Cent, netto zuerkannt hatte. Der Streit ging demnach über 245 Cent zuzüglich 19 Prozent Umsatzsteuer, dies entspricht 46,55 Cent, gerundet 46 Cent, somit in der Summe um 291 Cent, wobei der BGH in ungeahnter Großzügigkeit den Verfahrenswert auf 300 Cent gerundet hat, was wiederum einem Mehrwert von über 3 Prozent gegenüber dem tatsächlichem Streitgegenstand entspricht.

Die kostbaren Ausführungen des BGH (Beschluss vom 04.12.2013, XII ZB 159/12) , Randnummern 15ff zu dieser Rechtsfrage sollen dem geneigten Leser nicht vorenthalten werden:

Die Höhe der dem Verfahrenspfleger zu ersetzenden Kopierkosten ist demnach gesetzlich nicht festgelegt, insbesondere nicht auf bestimmte Beträge beschränkt. Vielmehr sind die Kosten nach Aufwand zu ersetzen.

bb) Kann der Verfahrenspfleger die ihm entstandenen Kopierkosten nicht konkret darlegen, kann das Gericht die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen schätzen, wenn eine ausreichende Schätzgrundlage vorhanden ist (Prütting/Helms/Fröschle FamFG 2. Aufl. § 277 FamFG Rn. 19). Es wäre ein unverhältnismäßiger Aufwand, müsste ein Verfahrenspfleger, der über ein eigenes Kopiergerät verfügt, die für die Fertigung einer Fotokopie relevanten Kosten (z.B. Anschaffungskosten und Lebensdauer des Geräts, Aufwand an Toner und Papier) konkret darlegen (vgl. BayObLG NJWE-FER 2001, 292). 

Keine Bedenken bestehen dagegen, bei der im Rahmen des § 670 BGB gebotenen Schätzung der einem zum Verfahrenspfleger bestellten Rechtsanwalt zu erstattenden Kopierkosten auf die Dokumentenpauschale nach Nummer 7000 Nr. 1 des Vergütungsverzeichnisses zu § 2 Abs. 2 RVG (im Folgenden Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG) abzustellen.

Für die notwendige Schätzung bietet die Höhe der Dokumentenpauschale in Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG eine tragfähige Grundlage. Die dort vorgesehene Pauschale von 0,50 € für die ersten 50 Kopien übersteigt zwar die Kosten, die bei der Fertigung von Kopien beispielsweise in einem Copyshop entstehen. Sie be-rücksichtigt jedoch die marktüblichen Durchschnittspreise für die Fertigung von Kopien, erhöht um die anteiligen Gemeinkosten des Erstattungsberechtigten (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 181). Mit ihr sollen neben den reinen Materialkosten auch alle weiteren mit der Fertigung der Kopien verbundenen Aufwendungen abgegolten werden (vgl. Meyer/Höver/Bach Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG 25. Aufl. § 7 JVEG Rn. 7.20; Schneider JVEG § 7 Rn. 28). Hinzu kommt, dass außer in Nr. 7000 VV RVG inzwischen in allen gesetzlichen Kostenregelungen für die Fertigung der ersten 50 Kopien ein erstattungsfähiger Pauschalbetrag von 0,50 € für jede Kopie vorgesehen ist (vgl. Nr. 9000 Nr. 1 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 [KV GKG], Nr. 2000 Nr. 1 der Anlage zu § 4 Absatz 1 JVKostG, Nr. 31000 der Anlage 1 zu § 3 Absatz 2 [KV GNotKG] und § 7 Abs. 2 JVEG). 

Mit der in Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG enthaltenen Dokumentenpauschale steht damit ein brauchbarer Orientierungsmaßstab zur Verfügung, der die einem zum Verfahrenspfleger bestellten Rechtsanwalt bei der Fertigung von Kopien in seiner Kanzlei entstehenden Kosten angemessen abbildet und daher als Grundlage für die im Rahmen des Erstattungsanspruchs nach § 277 Abs. 1 Satz 1 FamFG iVm §§ 1835 Abs. 1 Satz 1, 670 BGB erforderliche Schätzung herangezogen werden kann.

3 Kommentare:

  1. Also Sie würden vorschlagen, dass der BGH sowas nur durch einen Richter entscheidet? Oder durch den Senats-Hiwi?

    Die Analogiefähigkeit der Dokumentenpauschale, die der BGH jetzt erstmals entschieden hat, ist übrigens in einer Vielzahl von Verfahren von Bedeutung. Vielleicht ist der BGH ja gerade für sowas da?

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  2. Nein, ich habe nur betont welchen Aufwand unser Rechtsstaat betreibt, um ein rechtliches Problem - und sei es noch so klein im Einzelfall - einer grundsätzlichen Klärung zuzuführen

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  3. Gut, dass das endlich geklärt ist! ... lg, dipl.jur.

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