Freitag, November 07, 2014

Versorgungsausgleich, den macht doch das Gericht

So denken viele Kollegen. Und seien wir ehrlich, der Versorgungsausgleich ist nicht gerade ein schillerndes Rechtsgebiet, bei dem man ins Schwärmen geraten könnte.

So denken auch die einige  Familienrichter, die uns Anwälte hier eher als Gerichtspostboten verstehen, die die Korrespondenz an die Beteiligten weiterzuleiten haben; wobei auch die Richter sich häufig darauf beschränken, die erteilten Auskünfte unkritisch in die Berechnungsprogramme einzugeben und ihre Unterschrift unter die automatisch kreierten Beschlüsse setzen.

So denkt offenbar auch unser Gebührengesetzgeber, der in seiner Weisheit bestimmt hat, die Verfahrenswerte für den Versorgungsausgleich in Bruchteilen nach dem Gegenstandswert der Ehescheidung auszudrücken. So wird im Ehescheidungsverbundverfahren der Verfahrenswertwert für den Versorgungsausgleich mit je 10 % pro auszugleichendem Anrecht nach dem Wert der Ehescheidung errechnet. Beispiel:
ES: 10.000 EUR
5 auszugleichende Anrechte, ergeben 5x 1.000 EUR
VA: 5.000 EUR

Bei einem um 50% erhöhten Verfahrenswert ergeben sich vorliegend höhere Netto-Honorareinahmen von  absolut 230,- EUR bzw. prozentual weniger als 15 %.

Beim Verfahrenswert unbeachtet bleiben allerdings die tatsächlichen Kapitalwerte der auszugleichenden Versorgungsanrechte, mögen diese auch im 6-stelligen Bereich liegen, außer Betracht.

Den im Versorgungsausgleich tätigen Rechtsanwalt trifft - wie sonst auch- die Pflicht, die eingehenden Auskünfte der Versorgungsträger auf ihre Richtigkeit und Schlüssigkeit hin zu überprüfen und den Mandanten vor Fehlern durch das Gericht zu schützen und dafür Sorge zu tragen, dass dem Mandanten nicht sonstige Nachteile entstehen.

Wieviel adäquat vergütete Zeit dem Anwalt für solche Tätigkeiten zur Verfügung stehen soll, darüber scheint sich der Gebührengesetzgeber keine Gedanken gemacht haben. Mit 230,- EUR wie im Ausgangsfall, wird man jedenfalls nach Abzug von Büromiete, Personal- und Betriebskosten, Steuern, Sozialabgaben und Rücklagen für künftige Anschaffungen, nicht allzuviel Zeit verwenden dürfen.

Nun habe ich die Aufgabe, Regressansprüche gegen einen Kollegen zu prüfen, dem beim Versorgungsausgleich ein Fehler unterlaufen ist. Der dem Mandanten entstandene Nachteil beläuft sich nach vorsichtiger Schätzung auf 150.000 EUR.

Was sagt die Bundesrechtsanwaltskammer zur Angemessenheit der Gebühren?:
Die jeweils angemessene Gebühr innerhalb der vorgegebenen Gebührenrahmen ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 RVG). Zusätzlich kann ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts bei der Bemessung herangezogen werden.
Dummerweise sind die Gebühren in gerichtlichen Verfahren starr festgelegt. Eine Anpassung nach oben oder nach unten soll und darf gerade nicht stattfinden.

Ob die Vergütung des gerichtlich tätigen Rechtsanwalts bei einem derartig krassen Miss-Verhältnis zwischen Gebührenertrag und Haftungsrisiko noch verfassungsgemäß ist, wage ich jedenfalls zu bezweifeln.

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