Dienstag, Oktober 25, 2011

DIE Politiker gibt es nicht

- wir Wähler lassen zu, dass sie es werden und so sind, wie sie sind.


Wenn heute die schwarz-gelbe Koalition zerbrechen sollte und in ca drei Monaten Wahlen wären, dann wüsste ich persönlich nicht, welcher Partei ich meine Zweitstimme geben sollte und welchem (voraussichtlichem) Wahlkreiskandidaten ich mein Vertrauen schenken würde.

Persönlich machen viele Abgeordnete einen recht vernünftigen Eindruck. Sie sind belesen, fleißig und eloquent. Ebenso sind viele Abgeordnete für Kritik an der eigenen Partei und deren Erscheinungsbild aufgeschlossen, nur laut sagen, würden sie es nicht.

Nach dem Grundgesetz sind die Abgeordneten nicht an Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen verantwortlich, was das Abstimmungsverhalten angeht.

Unsere Parteien wirken an der politischen Willensbildung in unserem Lande mit.

Das hört sich gut an.

Tatsächlich kuschen viele Abgeordnete vor der Fraktionsführung und machen sich Sorgen, bei der nächsten Kandidatenkür unberücksichtigt zu bleiben.

Tatsächlich haben die Parteien alle Bereiche in unserem Land nach Proporz unter sich aufgeteilt. Und verteidigen einen Alleinvertretungsanspruch, der ihnen gar nicht zukommt.

Was kann man dagegen tun? Schimpfen, schreiben, schweigen? Der Weg in die innere Emigration ist jedoch eine Sackgasse. Wenn sich das Recht nicht den Verhältnissen anpassen will, dann müssen sich die Verhältnisse dem Recht anpassen.

Wer die Vorherrschaft der Parteien brechen will, muss zeigen, dass es auch ohne sie geht. Und das beginnt damit, dass Menschen von ihrem Recht Gebrauch machen, ohne einen Parteiapparat im Rücken, bei Wahlen zu kandidieren. Dass dieses in größerem Stile nicht erwartet wird, zeigt der Beitrag in Wikipedia zum Bundestagswahlrecht. Dass auch unabhängige Bewerber das Recht und die Möglichkeit haben, an einer Bundestagswahl teilzunehmen, wird dort nämlich nicht einmal erwähnt! Anmerkung: doch, wird es.

Nach § 20 Abs. 3 Bundeswahlgesetz müssen Wahlvorschläge, die nicht von politischen Parteien eingereicht werden von mindestens 200 im Wahlkreis wahlberechtigten Personen unterstützt werden:

§ 20 Inhalt und Form der Kreiswahlvorschläge

(1) Der Kreiswahlvorschlag darf nur den Namen eines Bewerbers enthalten. Jeder Bewerber kann nur in einem Wahlkreis und hier nur in einem Kreiswahlvorschlag benannt werden. Als Bewerber kann nur vorgeschlagen werden, wer seine Zustimmung dazu schriftlich erteilt hat; die Zustimmung ist unwiderruflich.
(2) Kreiswahlvorschläge von Parteien müssen von dem Vorstand des Landesverbandes oder, wenn Landesverbände nicht bestehen, von den Vorständen der nächstniedrigen Gebietsverbände, in deren Bereich der Wahlkreis liegt, persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Kreiswahlvorschläge der in § 18 Abs. 2 genannten Parteien müssen außerdem von mindestens 200 Wahlberechtigten des Wahlkreises persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein; die Wahlberechtigung muß im Zeitpunkt der Unterzeichnung gegeben sein und ist bei Einreichung des Kreiswahlvorschlages nachzuweisen. Das Erfordernis von 200 Unterschriften gilt nicht für Kreiswahlvorschläge von Parteien nationaler Minderheiten.
(3) Andere Kreiswahlvorschläge müssen von mindestens 200 Wahlberechtigten des Wahlkreises persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(4) Kreiswahlvorschläge von Parteien müssen den Namen der einreichenden Partei und, sofern sie eine Kurzbezeichnung verwendet, auch diese, andere Kreiswahlvorschläge ein Kennwort enthalten.

Nach § 19 Bundeswahlgesetz sind Vorschläge spätestens am 66 Tage vor der Wahl bis 18:00 Uhr beim Kreiswahlleiter einzureichen.

Wenn nun also die CDU/CSU/FDP-Koalition zerbrechen sollte und es binnen 3 Monaten zu Neuwahlen kommen würde, kann ich nur dazu ermuntern, unabhängige Kandidatinnen und Kandidaten zu unterstützen. Je mehr dieser Bewerber den Weg ins Parlament finden, umso stärker wird sich zeigen, dass eine an der Parteiendemokratie ausgerichtete Parlamentsorganisation der Wirklichkeit nicht gerecht wird.

Allerdings drängt die Zeit.Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen. Art. 68 GG

Neuwahlen haben sodann gem. Art 39 GG binnen 60 Tagen stattzufinden. Für unabhängige Bewerber steht somit nur ein Zeitfenster von maximal 15 Tagen zur Verfügung, um die Unterschriften nebst Nachweisen der Wahlberechtigung zu sammeln und beim Kreiswahlleiter einzureichen.

Grund genug, sich rechtzeitig hierüber Gedanken zu machen und die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, falls wenn es demnächst zur Vertrauensfrage im deutschen Bundestag kommt.

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