Die Vorteile sind:
- die Errichtung der Urkunde kann kostenlos durch das Jugendamt erfolgen.
- durch die Dynamisierung entfällt eine ständige Anpassung nach Änderung der Mindestunterhaltssätze oder nach Erreichen der nächsten Altersstufe.
- der Unterhaltsgläubiger erhält einen vollstreckbaren Titel und kann notfalls den Gerichtsvollzieher in Marsch setzen oder das Gehalt pfänden
Ich wollte hier über die Nachteile schreiben.
Oft meinen Unterhaltsschuldner, es handle sich nur um einen bürokratischen Vorgang. Weit gefehlt. Einerseits handelt es sich um ein konstitutives Schuldanerkenntnis, das bedeutet dass jeden Monat ein Unterhaltsbetrag geschuldet wird, wie er sich aus der Urkunde ergibt. Wird der Unterhalt nicht regelmäßig bezahlt, dann können sehr schnell sehr hohe Rückstände auflaufen.
Der Unterhaltsschuldner sollte sich auch nicht darauf verlassen, dass er es "nur" mit dem Kind oder dessen Mutter zu tun hat, mit denen man sich ja wohl einigen könne. Bezieht das Kind nämlich Unterhaltsvorschuss oder Hilfe zum Lebensunterhalt, dann gehen dessen Unterhaltsansprüche auf den Sozialleistungsträger in Höhe der erbrachten Leistungen über und können dann von dieser Seite aus der Jugendamtsurkunde vollstreckt werden.
Auch die Höhe der anerkannten Ansprüche sollten stets der tatsächlichen Leistungsfähigkeit entsprechen. Denn eine Abänderung der Jugendamtsurkunde ist nach geltendem Recht nur möglich, wenn der Unterhaltsschuldner nachweisen kann, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der Errichtung so geändert haben, dass ein Festhalten an der eingegangenen Verpflichtung nicht erwartet werden kann.
Wer heute ein Nettoeinkommen von 1.500 EUR erzielt und sich zur Zahlung von 100 Prozent des Mindestunterhalt verpflichtet, der kann in zwei Jahren, wenn sich das Einkommen auf 1.200 EUR verringert hat, einwenden, dass ihm 200 EUR im Monat fehlen und den Zahlbetrag anpassen lassen.
Wer heute 1.100 netto verdient, ist -eigentlich- gar nicht zur Zahlung von 100 Prozent des Mindestunterhalts in der Lage, beträgt dieser doch bereits in der 1. Altersstufe 225 EUR, bei einem Selbstbehalt von 1.000 EUR. Pro Jahr türmen sich Unterhaltsschulden in Höhe von 2.700 EUR an. Nach 3 Jahren beträgt der Rückstand 8.100 EUR.
Und nun vollstreckt das Jugendamt, das Jobcenter oder der Landkreis. Endlich erwacht der Unterhaltsschuldner aus seiner Lethargie. Die Rückstände können nicht angegriffen werden. Eine Abänderung der Verpflichtung ist nur für die Zukunft, ab Zugang eines Abänderungsverlangens möglich. Dabei muss aber auch noch vorgetragen und unter Beweis gestellt werden, dass sich die Einkommenssituation verschlechtert hat. Verdient der Schuldner also immer nur noch 1.100 EUR oder sogar 1150 EUR kann er dies gerade nicht vortragen. Er bleibt also an sein ursprünglich gegebenes Versprechen gebunden.
Nur weil die Errichtung der Urkunde nichts kostet und man so sich sehr bequem den Ärger eines Kindesunterhaltsverfahrens ersparen kann, muss vor leichtfertigen Schritten gewarnt werden. Denn umso schwerer und mühsamer ist es, von der einmal eingegangenen Verpflichtung wieder weg zu kommen.
Um die Sache nicht noch unübersichtlicher zu machen, habe ich bewusst darauf verzichtet, auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber minderjährigen Kindern hinzuweisen, auch auf die Zurechnung fiktiver Einkünfte und die Bemessung eines Wohnvorteils bin ich nicht eingegangen. Ich kann nur jedem, der auf Unterhalt in Anspruch genommen wird und jedem, der beabsichtigt Unterhalt geltend zu machen, dringend raten, sich dabei fachkundiger Hilfe zu bedienen. Oftmals stellen sich nämlich vermeintlich eindeutige Konstellationen für den Fachmann doch ganz anders dar.
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