Montag, Februar 25, 2013

Fristberechnungen nach § 137 II FamFG

In einer Ehesache habe ich mich mit der Frist des § 137 Abs. 2 FamFG auseinander zu setzen, der da lautet:


(2) Folgesachen sind
1.Versorgungsausgleichssachen,
2.Unterhaltssachen, sofern sie die Unterhaltspflicht gegenüber einem gemeinschaftlichen Kind oder die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen mit Ausnahme des vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger,
3.Ehewohnungs- und Haushaltssachen und
4.Güterrechtssachen,
wenn eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und die Familiensache spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache von einem Ehegatten anhängig gemacht wird.
Das OLG Dresden hat sich in der Entscheidung 23 UF 890/12 vom 26.11.2012 mit der Frage der im Gesetz nicht geregelten Rückwärtsberechnung einer Frist auseinandergesetzt.
Die Berechnung der Fristen bestimmt sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO). Für die Berechnung von sog. Rückwärtsfristen, die ausdrücklich im BGB nicht geregelt sind, gelten die Vorschriften entsprechend (OLG Hamm, Urteil vom 14.01.2008, 8 U 661/07, juris, Rn. 32; Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 187 Rn. 4). 
Gemäß § 188 Abs. 2 BGB endet eine Frist, die nach Wochen bestimmt ist und die mit einem bestimmten Ereignis beginnt, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tage entspricht, in den das Ereignis fällt. Das hier maßgebliche Ereignis ist die mündliche Verhandlung, die am 28.06.2012 stattfand. Der 28.06.2012 war ein Donnerstag, sodass die Frist zwei Wochen zuvor am Donnerstag, 14.06.2012, endete. Bei der Rückwärtsberechnung ist jedoch zu beachten, dass, eben weil die Frist rückwärts gerechnet wird und die Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, die Frist nicht mit dem Ablauf des Tages, sondern mit dem Beginn des jeweiligen Tages, also um 0:00 Uhr, endet (Schröder in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl., § 137 Rn. 4; Repgen in Staudinger, BGB, Stand: Juli 2009, § 187 Rn. 7; OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.12.2011, 13 UF
128/11, juris, Rn. 7; a. A. Grandel, FF 2011, 133 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 25.06.1987, 11a RLw 1/86, juris, Rn. 8 für die Ladungsfristen im Sozialgerichtsgesetz). 
Der Senat hält die erstgenannte Auffassung für zutreffend. Nur sie gewährleistet, dass volle 14 Tage zur Vorbereitung bis zur mündlichen Verhandlung zur Verfügung stehen (OLG Brandenburg, a.a.O.; ebenso Krause, NJW 1999, 1448 f. für eine Rückwärtsfrist nach dem Umwandlungsgesetz). 
Die Gegenauffassung vermischt die Rückwärtsrechnung mit der Vorwärtsrechnung der Frist, was zu einer deutlichen Verkürzung der Frist führen kann.


Die Auffassung des Gerichts vermag zu überzeugen, solange der Termin nicht an einem Montag stattfindet. Denn wenn die Frist mit Beginn des Tages "Montag", also 0:00 Uhr enden soll, dann fiele das Fristende auf einen Sonntag 24:00 Uhr. Entweder würde sodann § 222 II ZPO bzw. § 193 BGB bewirken, dass nun, da das Fristende ein Sonntag wäre, an dessen Stelle der nächste Werktag träte, also doch Montag 24:00 Uhr (dagegen Heiter, Münchener Kommentar zur ZPO, § 137 FamFG RN 43), O D E R  eben weil die Frist rückwärts gerechnet wird und die Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, die Frist nicht mit dem Ablauf des Sonntages, sondern mit dem Ablauf des jeweils vorangehenden Werktages, also in der Regel einem Freitag, enden würde. Jedenfalls entnehme ich aus den genannten Vorschriften, dass der Gesetzgeber die Bearbeitung einer Fristsache an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag für unzumutbar hält und daher zu vermeiden sucht.

Bei einem auf den 18. März 2013 anberaumten Scheidungstermin würde in entsprechender Anwendung der Fristenvorschriften die Einreichungsfrist für Folgesachenanträge am Freitag, dem 01. März 2013 um 24:00 Uhr, also zwei Wochen und 2 Tage vor dem Termin enden.

Das bedeutet aber, dass dem Gericht die vollen 2 Wochen zur Vorbereitung bis zur mündlichen Verhandlung zur Verfügung stehen, während dem Adressat der Frist, also dem Beteiligten bzw. dessen Verfahrensbevollmächtigten gerade nicht der Zeitraum bis spätestens zwei Wochen vor dem Termin zur Ausarbeitung der Folgeanträge zur Verfügung stünde, sondern ein um 2 Tage kürzerer Zeitraum.

Bei den anstehenden Osterfeiertagen wird die Diskrepanz noch deutlicher:

Bei einem auf Dienstag, den 16. April 2013 anberaumten Scheidungstermin würde in entsprechender Anwendung der Fristenvorschriften gar die Einreichungsfrist für Folgesachenanträge am Donnerstag, dem 28. März 2013 um 24:00 Uhr, also zwei Wochen und 4 Tage vor dem Termin enden, während eine 2-Wochenfrist, die am Donnerstag, dem 28. März 2013 gesetzt würde, bereits am Donnerstag, dem 11. April endete.

Eine Auslegung, wonach die Zweiwochenfrist eigentlich als 10 volle Werktage zu verstehen ist, wie sie aus der Begründung des OLG Dresden durchscheint (volle 14 Tage), hätte im Falle eines Termins am Freitag, dem 12. April zur Folge, dass die Einreichungsfrist am Dienstag, 26.03.2013 um 24:00 Uhr enden würde, obwohl nach entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des OLG Dresden Folgeanträge ebenfalls noch bis Donnerstag, den 28. März 2013 24:00 eingereicht werden könnten.

Meines Erachtens ist dringend eine gesetzliche Regelung erforderlich, die entweder die Rückwärtsberechnung von Fristen generell regelt, oder klarstellt, was unter "zwei Wochen" im Sinne des § 137 Abs. 2 FamFG eigentlich zu verstehen sein soll. Denn die berechnung einer Frist muss eindeutig sein, insbesondere, wenn wie hier bei Versäumung ernsthafte Konsequenzen drohen.

Verfassungsrechtliche Bedenken hat schon das OLG Oldenburg in FamRZ 2010, 2015 ff formuliert.

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Nachtrag vom 29.10.2013:

Der BGH hat mit Beschluss vom 05.06.2013, XII ZB 427/11 etwas Klarheit in die Fristenberechnung gebracht.

Die Zweiwochenfrist gemäß § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG nach den Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung, mit- hin gemäß § 222 ZPO iVm § 188 Abs. 2 BGB zu berechnen. Diese Regelungen sind auf rückwärts zu rechnende Fristen entsprechend anzuwenden (Staudinger/Repgen BGB [2009] § 187 Rn. 7). Der Termin zur mündlichen Verhandlung führt zu einem rückwärtsgerichteten Beginn der Frist gemäß § 187 Abs. 1 BGB und endet daher um 0.00 Uhr des seiner Benennung entsprechen-den Wochentages. Vom Terminstag (Donnerstag, 20. Januar 2011) zurück gerechnet, hätte der Schriftsatz in der Folgesache Güterrecht somit zur Wahrung der Frist vor dem 6. Januar 2011 (0.00 Uhr), mithin noch am Mittwoch, dem 5. Januar 2011 beim Familiengericht eingehen müssen (vgl. Krause NJW 1999, 1448, 1449; Staudinger/Repgen BGB [2009] § 187 Rn. 7; OLG Braunschweig FamRZ 2012, 892, 893; OLG Brandenburg FamRZ 2012, 892).
Viefhues weist allerdings in Forum Familienrecht 2013,399 ausdrücklich darauf hin, dass die strittige Frage, wenn der Fristablauf auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag falle, noch nicht entschieden wurde. Da sich die Frist des § 137 Abs. 2 S.1 FamFG schließlich an den sachbearbeitenden Rechtsanwalt richtet, wäre hier eine gesetzgeberische Klarstellung dringendst erforderlich, da ansonsten die Gerichte munter auf ihre Organisationszeit von zwei Wochen beharren könnten, während die Anwälte sich die ansonsten geschützten Sonn- und Feiertage um die Ohren schlagen könnten, um die Frist zu wahren.

1 Kommentar:

  1. Selbst wenn man die Ausdrucksweise des OLG Dresden (endet die Frist um 0:00 Uhr) so zu verstehen hat, dass der Fristlauf von 2 Wochen am Tage X um 0:00 Uhr beginnen soll, dann hätte dies dennoch zur Folge, das die Pflicht zum letztmöglichen Tätigwerden auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fallen könnte. Denn laut OLG Dresden würde der Fristlauf für einen Scheidungstermin am 15. April am 01. April 2013 (Werktag) um 0:00 Uhr beginnen, mit der Folge, dass Schriftsätze, die später als am 31.03.2013 24:00(Sonntag) bei Gericht eingehen, keinen Verbund mehr begründen könnten.

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