Freitag, April 11, 2014

Wenn das Revisionsgericht falsche Rechtsausführungen macht

Mir liegt gerade eine Entscheidung des OLG Zweibrücken auf dem Tisch, im der das OLG eine (nicht von mir) ausführlich und gewissenhaft begründete Revision gegen eine Entscheidung der Kleinen Strafkammer des Landgericht Landau als offensichtlich unbegründet verworfen hat.

Das OLG in seiner Weisheit führt aus:

Die Ausführungen der Verteidigung greifen die tatrichterliche Beweiswürdigung an, ohne allerdings Rechtsfehler aufzuzeigen. Das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen ist allein Sache des Tatrichters. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; genügend ist, dass sie möglich sind und dass der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (BGH StPO § 261, Beweiswürdigung 2 m.w.N.)
Damit ist die Begründung bereits nahezu vollständig wiedergegeben.
Obwohl ich Zivilrechtler bin und obwohl ich diese Entscheidung erst kurze Zeit auf dem Schreibtisch habe, habe ich bereits in diesem kurzem Zitat zwei Fehler gefunden!

1. Die Revision hat nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung angegriffen, sondern die Anwendung des § 261 StPO, da nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Tatrichter auch offensichtlich gegenläufige Gesichtspunkte zu erörtern hat, BGH 1 StR 287/11 Urteil vom 29.11.2011RN33. Genau hierauf stützte sich die Revision. Offensichtlich wurde die Revisionsbegründung nur oberflächlich zur Kenntnis genommen.

2. Das Rechtsprechungszitat ist veraltet, wie schon in der Entscheidung des BVerfG vom 30.04.2003, 2 BvR 2045/02 RN 45 nachzulesen ist!


In der Revision ist der Inhalt der Beweiswürdigung mit der Sachrüge angreifbar. Die Anforderungen des Bundesgerichtshofs an die Beweiswürdigung haben sich - mit der Folge einer wirksameren Sicherung der Grundrechte des Beschuldigten, auch der Unschuldsvermutung (vgl. hierzu BVerfGE 74, 358 ,370 ff.) - stark verändert (vgl. zur Entwicklung Fezer, a.a.O.; Schäfer, StV 1995, S. 147 ff.). Während die frühere Rechtsprechung Schlussfolgerungen des Tatgerichts, die nach der Lebenserfahrung möglich sind, genügen ließ (vgl. BGHSt 10, 208 209; 36, 1, 14; Herdegen, in: Festschrift für Hanack 1999, S. 311 313 ff.), wird nunmehr vorausgesetzt, dass der Schuldspruch auf einer tragfähigen Beweisgrundlage aufbaut, die die objektiv hohe Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit des Beweisergebnisses ergibt (vgl. BGH NStZ-RR 1996, S. 202 f.; 1997, S. 42 43; bei Kusch, NStZ 1997, S. 376 377; StV 1999, S. 136; Herdegen, a.a.O., S. 323 ff.; Fezer, StV 1995, S. 95,99; ders., in: Festschrift für Hanack 1999, S. 331 340; Schäfer, StV 1995, S. 147, 149 ff.; Jähnke, in: Festschrift für Hanack 1999, S. 355 360 ff.).
Ich glaube und HOFFE, dass dieses unglückselige Verfahren noch nicht beendet ist.

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