Nun sollen die Sätze um 500 C€nt im Monat angehoben werden; ein Skandal wettern viele.
Die zuständige Ministerin verteidigt das Vorgehen wie folgt:
"Das Statistische Bundesamt hat analysiert, was Menschen mit kleinem Einkommen monatlich ausgeben können, zum Beispiel Verkäuferinnen, Pförtner, Maler, Friseure." Diese Berechnungen zeigten exakt, wo das Existenzminimum liege. "Danach richten wir uns ganz genau", so die Arbeitsministerin.Quelle: Spiegel.de
Dieser Ansatz ist in der Tat vollkommen verfehlt. Hilfe zum Lebensunterhalt ist nichts anderes als eine staatliche Unterhaltsleistung, die dann eingreift, wenn alle anderen Bezugsquellen (Arbeit, Vermögen, Verwandte) erschöpft sind. Bei jeder Unterhaltsberechnung sind drei Rechengrößen auseinander zu halten, nämlich Bedarf, Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit.
Bedarf ist dabei der Betrag, der nötig ist, um den jeweils dem Unterhaltsgläubiger zustehenden Lebensstandard zu sichern; bei ALG II sollte der Bedarf also das Existenzminimum eines Menschen ausdrücken.
Leistungsfähigkeit ist der Betrag, welchen der Unterhaltsschuldner oder der Unterhaltsgläubiger zur Deckung des Bedarfs zu leisten im Stande ist. Der Staat ist als Schuldner im Grunde unbeschränkt leistungsfähig.
Bedürftigkeit ist die Differenz zwischen dem Bedarf des Gläubigers und dem Betrag, den er aus eigenen Kräften decken kann.
Meines Erachtens unterliegt die Regierung einem groben Denkfehler, wenn sie sich an den Einkommenshöhen von Geringverdienern orientiert. Sie unterstellt damit nämlich, dass diese Menschen in der Lage sind einen Betrag zu erwirtschaften, der ausreicht, um das eigene Existenzminimum zu erwirtschaften oder sogar etwas darüber hinaus. Man orientiert sich also an der Leistungsfähigkeit dieser Gruppe ohne dass die Ausgangsgröße (Bedarf) ermittelt wird.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Der Staat verteuert direkt und indirekt durch Steuern, Sozialabgaben, Umweltschutzauflagen, Gebühren und Beiträge die Lebenshaltungskosten. Es wäre dringend an der Zeit einmal kritisch zu hinterfragen, ob diese gestiegenen Kosten von Geringverdienern, die keine Transferleistungen beziehen, überhaupt durch eigene Anstrengungen noch gedeckt werden können. Ist das nicht der Fall, dann müssen auch den Menschen staatliche Leistungen offen stehen, die mit ihren Einkünften knapp oberhalb der Bemessungsgrenzen liegen, weil dann offensichtlich die Einkommensgrenzen zu niedrig angesetzt sind.
Mit dieser Begründung, dass also das Abstandsprinzip eingehalten werden muss, wird die Neuregelung erneut keinen Bestand in Karlsruhe haben. Ausgangspunkt muss das nachvollziehbar in EURO ausgewiesene Existenzminimum eines Menschen sein, also der Bedarf. Hierauf ist der Betrag anzurechnen, den ein jeder aus eigenen Mitteln selbst zur Deckung beitragen kann (Leistungsfähigkeit). Wenn diese beiden Größen feststehen, ist von der ALG II-Stelle die Differenz (Bedürftigkeit) zu decken.
Vielleicht hätte man lieber das Familienministerium mit der Reform beauftragen sollen.
Zwecks besserer Verständlichkeit des künftigen Reichtums mit dem die Sozialleistungsempänger beglückt werden sollen, sollte man erwähnen, das es aufs Jahr umgerechnet, stolze 16,14 Cent pro Tag oder rund 1,13 Euro pro Woche sind, den die Betroffenen mehr bekommen sollen. Diese 5oo Cent wären ja nur Brutto, da sich ja auch wieder der Anteil für die Warmwasserbereitung erhöhen wird, der aus dem Regelsatz zu zahlen ist. Es sind also nicht 364 Euro, die dann zur Verfügung stehen würden, sondern nur 357,44 Euro. Zur Zeit sind es: 352,53 Euro. Siehe bei den fachlichen Hinweisen: http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Publikation/pdf/Gesetzestext-20-SGB-II-Regelleistung-Sicherung-LUnterhalt.pdf
AntwortenLöschenStatt 500 Cent werden es nur 491 Cent sein. Hoffentlich lassen die aber noch auf sich warten. Schließlich müssen sich die Betroffenen ja erst langsam an diese unverhoffte Vermehrung ihrer Bezüge gewöhnen und überlegen wie und wo sie diesen überhaupt ausgeben können. 16,14 Cent mehr pro Tag auszugeben dürfte nicht so einfach sein... Aber dazu hätte ich eine Lösung. Man schreibt einfach 9 Dankesbriefe an die für die Erhöhung Beteiligten und schon ist das Ausgabeproblem gelöst ! Alternativ könnte man natürlich auch den Betrag spenden, z.B. den »armen« Abgeordneten aus der Regierungs-Koalition, die sich diese jetzige Erhöhung vom Munde abgespart haben...