Donnerstag, Juni 21, 2012

Nanu, die Gegenseite sagt ja die Wahrheit

Vor Gericht gilt die Wahrheitspflicht, das heißt, dass das Leugnen ungünstiger Umstände strafrechtlich durchaus als Prozessbetrug bewertet werden kann.

Wie die Erfahrung lehrt, sind die Skrupel dabei (natürlich nur) bei den gegnerischen Parteien nicht besonders ausgeprägt. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel.

So vertrat ich eine Wohnungseigentümerin, die mir berichtete, dass vor dem Anwesen, einem Zweifamilienhaus, ein Auto einer Heizungsbauerfirma (nennen wir sie Heibau) gesichtet wurde. Deren Mitarbeiter machten sich an der Heizungsanlage zu schaffen. Ein Eigentümerbeschluss lag nicht vor. Nach Auskunft der Monteure hatte der vormalige Miteigentümer und jetzige Inhaber eines lebenslangen Wohnrechts, den Auftrag erteilt.

Es galt nun Schnelligkeit gegen Gründlichkeit abzuwägen. Im Wege der einstweiligen Verfügung beantragte ich die Einstellung der Arbeiten, gegen die Wohnungseigentümerin und den Mitbewohner.

Der Antrag gegen die Miteigentümerin wurde zurückgewiesen, der Antrag gegen den Mitbewohner ging durch. Dieser legte Widerspruch gegen diesen Beschluss ein und begründete diesen durch seinen Anwalt damit, dass der (über 90-jährige) Mitbewohner gar nicht Auftraggeber der Heibau war, sondern die Wohnungseigentümerin.

Heute war Termin zur mündlichen Verhandlung. Wir hatten eine sistierte Zeugin im Schlepptau, zum Beweis der Tatsache, dass der Mitbewohner laut Auskunft der Monteure der Heibau, Auftraggeber der Heibau war.

Der Vorsitzende grummelte, dass die Beweisführung doch sehr verschroben wäre. Zum Gegenbeweis hatte der Mitbewohner die Wohnungseigentümerin ebenfalls sistiert.

Vor Eintritt in die förmliche Beweisaufnahme sollte der Mitbewohner zu der streitigen Frage angehört werden, wer denn aus seiner Sicht Auftraggeber der Arbeiten (und somit passiv legitimiert) sei.

Das Gericht fragte ihn nun, wer denn Auftraggeber sei. Der Beklagte antwortete, er verstehe nicht (akustisch). Das Gericht wiederholte seine Frage. Wieder konnte er die Frage nicht hören.

Darauf schaltete sich seine Lebensgefährtin aus dem Zuschauerraum ein: "Na, der Herr Richter will wissen, wie das mit der Heizungsanlage war, Du weißt doch, die Heibau, die Du beauftragt hast!"

Darauf antwortete er: "Ah, so, ja die Heibau, die habe ich beauftragt. Schließlich brauche ich doch warmes Wasser und muss meine Wohnung heizen!"

In diesem Moment ging bei dem Kollegen die Kinnlade herunter. Er gewann jedoch sehr schnell die Fassung zurück und nahm den Widerspruch zurück


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