Jedenfalls wenn es um die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) geht.
Für einen Rechtsanwalt, der auch bedürftige Mandanten vertritt, ist die Annahme eines Mandats oft ein Glückspiel, ob nämlich die geleistete Arbeit auch ihren verdienten Lohn mit sich bringt. Die Gewährung von VKH aus der Staatskasse setzt nämlich nicht nur voraus, dass die Mandantschaft arm ist . diese Frage lässt sich ja bei der ersten Besprechung noch hinreichend schnell klären. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung muss auch noch Erfolgsaussichten haben. Da zwei Juristen zu ein und derselben Rechtsfrage ja oft drei Meinungen haben, können hier die Auffassungen schnell divergieren. Ob die Sache überhaupt so erfolgsversprechend ist, dass VKH in Betracht kommt, stellt sich mitunter auch erst nach einer längeren Besprechung heraus. Und was soll man und vor allem wem für diese Beratungsleistung in Rechnung stellen?
Manche Kanzleien nehmen daher VKH/PKH-Mandate erst an, wenn die Mandantschaft einen Vorschuss als Sicherheit hinterlegt hat. Das dient zwar dem Honorarinteresse der Kollegen, dürfte aber nicht im Sinne des Erfinders sein.
Nun zum Thema. Bereits der erste Eindruck, den der neue Mandant hinterlassen hatte, lies leise Zweifel an den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung bei mir aufkommen. Die 1. Instanz hatte er alleine in Angriff genommen und auch selbst die Beschwerde eingelegt. Erst dann entschied er sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Zunächst habe ich die Vertretung beim OLG angezeigt, blind VKH beantragt und mir die Akten zur Einsichtnahme schicken lassen.
Nun bin ich optimistisch, wenigstens VKH zu bekommen, obwohl der Mandant sämtliche gerichtlichen Fristen versäumt hat und die Beschwerdebegründung aus einer halben Seite mit unsubstantiiertem Sachvortrag besteht.
Nach meiner Ansicht liegt nämlich erstinstanzlich ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens (§§ 169ff GVG) vor, was nach § 72 FamFG i.V. § 547 Nr. 5 ZPO sogar ein absoluter Grund für die Rechtsbeschwerde wäre.
Ein Kollege, der im Insolvenzrecht tätig ist, nimmt von dieser speziellen Klientel erst Vorschüsse, weil er ohne Geld nicht denken könne. Der hier vorliegende Verfahrensfehler des Amtsgerichts müsste ein hinreichender Grund sein, Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, so dass auch mein Denkapparat die notwendige pekuniäre Nahrung erhalten wird.
Liebe Jurastudenten, das Verfahrensrecht mag wenig anschaulich sein, aber es normiert die Spielregeln, nach denen die Gerichte ihre Entscheidung zu finden haben. Auch bei der Fußball-EM darf der Lahm nicht einfach den Ball mit der Hand vom eigenen Strafraum zum gegnerischen Elfmeterpunkt tragen und ihn dann dem verdutzten gegnerischen Torhüter mit Schmackes in die Maschen hauen. Nein! Erst ein regelkonform zustande gekommener Treffer zählt.
FamFG und Öffentlichkeit?? § 170 S. 1 GVG ist bekannt?
AntwortenLöschenJa, genau. Da liegt der Hund begraben.
AntwortenLöschenNatürlich bleibt der in Aussicht genommene Adoptivvater im Adoptionsverfahren Beteiligter i.S.v. § 7 II FamFG.
AntwortenLöschenSelbst wenn aber das FamG hier jemanden zu Unrecht formal als Beteiligten i.S.v. § 7 FamFG behandelt haben sollte, wird damit natürlich keine öffentliche (!) Verhandlung hergestellt.
Nein, Antragsteller ist hier das Kind, der Annehmende ist in § 188 Nr.2 FamFG gerade nicht aufgeführt, so dass eine Beteiligung gesetzlich nicht vorgesehen ist.
AntwortenLöschenNein, die Aufzählung des § 188 FamFG ist unstreitig nicht abschließend (s. z.B. Keidel/Engelhardt FamFG § 188 Rn 1, Prütting/Helms/Krause FamFG § 188 Rn 1 m.w.N.); über § 7 Abs 2 Nr 1 FamFG können im Einzelfall weitere Personen zu beteiligen sein.
AntwortenLöschenUnd nochmals: Selbst wenn nicht - mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz hätte das nichts zu tun.
Dann lesen Sie doch mal die Kommentierung zu § 547 ZPO
AntwortenLöschenWelche denn? Bitte mit Rn.!
AntwortenLöschenNachtrag (nach Überprüfung): In keinem Kommentar steht auch nur annähernd etwas Ähnliches wie die Aussage, dass durch die unzutreffende Behandlung einer Person als Partei bzw. Beteiligter eine revisible Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes eintritt.
AntwortenLöschenZöller ZPO, 2007 zu § 170 RN 4 GVG:
AntwortenLöschenNichtöffentlichkeit:
An der Verhandlung dürfen nur die jenigen Personen teilnehmen, deren Anwesenheit aufgrund ihrer Stellung im Verfahren oder auf Grund besonderer Vorschrift notwendig und erlaubt ist.
2007 galt zwar noch das FGG, aber das gilt auch für das FamFG.
Der Stiefvater hatte seine Beteiligtenstellung durch Hinweis des Gerichts, Antragstellung des Kindes und durch die Rubrumsberichtigung verloren. Der hätte weder geladen werden dürfen, es sei denn zu einer Anhörung, noch an der gesamten Verhandlung teilnehmen geschweige denn einen eigenen Antrag stellen dürfen.
Die Kommentierung des § 170 GVG im Zöller hat aber nur zwei RN, und in denen steht das nicht ... (jedenfalls ab 27. Aufl. 2009).
AntwortenLöschenFür das FGG galten die §§ 169 ff. GVG übrigens gar nicht.
Es ist nicht der Zweck der Vorschriften über die Öffentlichkeit, einfache Fehler bei der Anwendung der Bestimmungen zu Parteien/Beteiligten mit einem absoluten Revisionsgrund zu sanktionieren; so wäre deshalb der von Ihnen behauptete Kommentarsatz, sofern der irgendwo stehen sollte, nicht gemeint.