Freitag, April 19, 2013

Wie es gerade genehm ist

Es ist lange her. Im Lateinunterricht kam ein berühmter Redner vor, der seine Zuhörer damit ergötzte, dass er aufs Stichwort zu einem Thema innerhalb kürzester Zeit die Rollen wechseln konnte, einmal trat er vehement für eine Sache ein, um sich gleich darauf ebenso eloquent dagegen auszusprechen.

Nun habe ich gedanklich einen völlig hypothetischen Fall gebildet.

Ein Unternehmen verschickt amtlich wirkende Formschreiben an eine große Zahl von Adressaten, bittet um Prüfung und Vervollständigung der geschäftlichen Daten und verschickt -sehr zur Überraschung der unfreiwilligen Kunden, an diejenigen Rechnungen für einen Branchenbucheintrag, die dieser Bitte nachgekommen sind.

Viele Kunden zahlen, andere wehren sich. Nachdem das Unternehmen zunächst noch bei einigen Gerichten siegreich war, ergingen immer mehr und immer zahlreichere Entscheidungen, die feststellten, dass keine wirksame Forderung des Unternehmens gegenüber den Kunden bestehen soll.

Dies sprach sich natürlich wie ein Lauffeuer herum. Immer mehr "Kunden" wehrten sich gegen die immer dreisteren Mahnungen. Immer mehr "Kunden" forderten auch bereits bezahlte Geldbeträge zurück.

Dem Unternehmen wurde die Luft zum Atmen immer dünner und dünner. Statt zu kapitulieren, wurden die anhängigen Verfahren aber nach allen Regeln der Kunst hinausgezögert. Vorhandenes Kapital wurde in Sicherheit gebracht.

Irgendwann hieß es aber doch "rien ne va plus", ein Insolvenzverfahren wurde eingeleitet.

Zu diesem fiktiven Zeitpunkt stellt sich nun die Frage, wie argumentiert die vorläufige Insolvenzverwalterin. (denn etwas Quote muss sein)

Stellt sie sich auf den Standpunkt des Unternehmens und macht auch weiterhin offene Rechnungen gegen säumige Kunden geltend, um Mittel zur Masse zu ziehen?

oder

Erhalten diejenigen, die sich erfolgreich vor Gericht durchgesetzt haben, die die Unwirksamkeit vermeintlicher Verträge haben feststellen lassen oder die gar bereits bezahlte Beträge zurückgefordert haben und deren titulierte Forderungen bedient wurden, eine Aufforderung zur Rückzahlung zur Masse?

Macht die Insolvenzverwalterin geltend, den rechtskundig beratenen Rückzahlungsgläubigern hätte ja die greifbare Rechtswidrigkeit des Geschäftsmodells des Unternehmens vor Augen stehen müssen. Ja, dass ein derartiges Geschäftsmodell gar keine gesunde wirtschaftliche Basis begründen kann und dass daher alle Zahlungen in Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens entgegen genommen wurden?

Oder macht es die Insolvenzverwalterin so wie der eingangs erwähnte Rhetor und verteidigt je nach dem, den für die Masse günstigsten Rechtsstandpunkt?

Wenden wir uns nun wieder der Realität zu...


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