Montag, Dezember 09, 2013

Warum schreiben Sie mir dann?

Mandate auf VKH-Basis(*) lösen bei Rechtsanwälten nicht immer nur Freude aus. Zum einen liegt das an der geringeren Vergütung, zum anderen am Mehraufwand für den Anwalt und dessen Kanzlei. Zugegebenermaßen kann man sich im Gegenzug darauf verlassen, dass irgendwann die gesetzlich vorgesehene Vergütung auf dem Konto eingeht, wenngleich das geflügelte Wort umgeht, für VKH-Mandate müsse man jung sein, wenn man sie von Mandatsannahme über den Honorareingang bis zur endgültigen Aktenablage selbstständig betreuen möchte.

Denn auch nach Ende des Verfahrens in der Hauptsache dient die Kanzlei des beigeordneten Rechtsanwalts noch als Postverteilungsstelle. Das Gericht kann und wird nämlich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten überprüfen, ob dieser nicht doch noch einen Beitrag zu "seinen" Verfahrenskosten beisteuern kann. Diese Aufforderung zur erneuten Auskunft geht allerdings nicht an den Mandanten, sondern an dessen damaligen Verfahrensbevollmächtigten. Dieser muss sich dann bemühen die Post weiter zu leiten, ob er die aktuelle Anschrift kennt oder auch nicht. Ebensowenig fragt man sich auf Seite der Justiz, ob überhaupt noch eine Mandatsbeziehung besteht. Das liest sich dann etwa so:

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass nach dem formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens Zustellungen im Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren gemäß § 122 Abs. 1 ZPO an Sie zu erfolgen haben (BGH, Beschluss vom 08.12.2010,XII ZB 38/09). Dieses Verfahren gehört zum Hauptsacheverfahren.

In einem dieser Fälle erreichte mich jüngst ein derartiges Schreiben, welches ich pflichtgemäß an die Mandantschaft weitergeleitet habe, obwohl das Mandat von mir aus niedergelegt worden war. Die mir zuletzt bekannte Anschrift war nicht mehr aktuell, also schickte ich eine e-mail:

...
das Amtsgericht ... hat uns in dem Verfahren ...  wegen Überprüfung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse angeschrieben.
Das Schreiben vom ..., eingegangen am ... fügen wir in Anlage anbei. Auch nach Mandatsniederlegung ist dies das gesetzlich vorgesehene Verfahren.
Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen, etwa dem Widerruf der bewilligten Verfahrenskostenhilfe, empfehlen wir Ihnen, das ebenfalls beigefügte Formular
„Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ nebst aussagekräftigen Belegen bis spätestens
 ... an das Amtsgericht ... zurück zu senden.
Die e-mail ist tatsächlich angekommen, denn ich erhielt folgende Antwort in einer separaten(!) mail:

Sehr geehrter Herr Munzinger, glaube vor kurzem eine email von Ihnen gesehen zu haben in meinem Posteingang...Nun, Sie haben doch das Mandat niedergelegt, also warum schreiben Sie mir dann?

Dass Lesen bildet, gilt auch in diesem Fall. 


(*) Verfahrenskostenhilfe

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