Gerade habe ich die DAV-Depesche erhalten. Darin wird das Prozesskostenhilfebegrenzungsgesetz erwähnt. Nichts Gutes ahnend habe ich mir den Gesetzesentwurf heruntergeladen und schon bei der ersten Durchsicht zwei dicke Kröten gefunden.
1. Kröte
§ 114 ZPO wird wie folgt geändert:
a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:
„(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, soweit eine nicht Prozesskosten- hilfe beanspruchende Partei bei verständiger Würdi- gung aller Umstände trotz hinreichender Aussicht auf Erfolg von der beabsichtigten Prozessführung ab- sehen würde. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Kosten der Prozessführung unter Berücksichtigung des erstrebten wirtschaftlichen Vorteils, der Erfolgs- aussicht und gegebenenfalls der Aussicht auf Durchsetzbarkeit des erstrebten Titels unverhältnismäßig erscheinen.“
Also schon vor Klageeinreichung oder Beantragung der PKH haben sich Mandant und Rechtsanwalt eingehende gedanken über die Bonität der Gegenseite zu machen. Dass ein titulierter Anspruch ja 30 Jahre lang gilt, wird die klamme Staatskasse erfahrungsgemäß nicht gelten lassen. Außerdem können viele titulierte Ansprüche deswegen nicht durchgesetzt werden, weil die Pfändungsfreigrenzen immer höher gesetzt wurden.
2. Kröte
§ 118 ZPO wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist dem Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Frage zu geben, ob die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und ob und inwieweit die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe recht- fertigen; § 117 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt; Gelegenheit zur Stellungnahme wird dem Gegner nicht gegeben, wenn dies aus besonderen Gründen unzweckmäßig erscheint.“
Bereits jetzt enthält jede Klageerwiderung den Standardantrag: "Die Klage wird abgewiesen".
Ausgerechnet den Gegner nach seiner Enschätzung der Erfolgsaussichten zu fragen, ist schon blauäugig. Und wenn mir gar nichts mehr einfällt, dann behaupte ich einfach, es gäbe eine nicht deklarierte Immobilie, wahlweise auf Mallorca oder in der Türkei. Und schon habe ich als Gegner eine Schonfrist erwirkt, die ich in meinem Sinne nutzen kann.
PKH-Mandate sind aufgrund der ohnehin geringeren Vergütung und der schwierigeren Klientel schon jetzt kein reines Vergnügen. Wenn die JustizministerInnen und Haushaltspolitiker Wert darauf legen, dann wird sich die Anwaltschaft überlegen müssen, ob sie auch weiterhin als Organ der Rchtspflege angesehen werden will, oder als reiner, gewinnorientierter Rechtsdienstleister, der mit Banken, Versicherungen und Kfz-Werkstätten im freien Wettbewerb zu frei ausgehandelten Preisen steht.
Diese Kehrseite sollte die Politik nochmals überdenken.
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