Dienstag, Juli 03, 2012

Gesetzlicher Anspruch und Wirklichkeit

Ein 16-jähriger Schüler hat mehrfach Klassen wiederholen müssen. Mit letzter Anstrengung und Zeugnisnoten zwischen 4 und 5 schafft er die Versetzung in Klasse 8. Im Schuljahr hat er 43 Schultage gefehlt, stets entschuldigt.

Dem Schulgesetz ist damit genüge getan. Der nicht betreuende Elternteil hinterfragt die Erziehungseignung des anderen Elternteils, weil keine plausible Begründung für diese Vielzahl an Fehltagen gegeben wird.

Der Elternteil wendet sich an das Familiengericht. Gesetzliche Grundlagen:

§ 65 Schulgesetz R-Pf  
Mitwirkung der Eltern,
Lehrkräfte und Ausbildenden
(1) Die Eltern melden ihre Kinder zum Schulbesuch an und sorgen dafür, dass sie die Verpflichtungen nach den §§ 64 und 64 a erfüllen. Dies gilt auch für Personen, die mit der Erziehung und Pflege beauftragt sind.
§ 64 Schulgesetz R-Pf 
Teilnahme am Unterricht, Untersuchungen
(1) Die Schülerinnen und Schüler haben regelmäßig am Unterricht und an sonstigen für verbindlich erklärten Schulveranstaltungen teilzunehmen, eigene Leistungen und die erforderlichen Leistungsnachweise zu erbringen.

§ 99 Schulgesetz R-Pf 

Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. ...

2. ...

3. als Elternteil oder mit der Erziehung und Pflege Beauftragte oder Beauftragter die Anmelde- und Mitwirkungspflichten aus § 65 Abs. 1 nicht erfüllt.

§ 1666 BGB
Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2)...
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1. ...

2. Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,

3. ...

4. ...

5. ...

6. ...
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
Ein Teufelskreislauf! Das Jugendamt verwies den Elternteil nämlich an die Schule, die Schule ans Jugendamt und so fort. Diesem Ping-Pong überdrüssig, schaltete der Elternteil das Familiengericht ein. Zunächst verlief die Verhandlung heute ernüchternd. Das Gericht wies auf das Alter des Schülers hin und dass andere, insbesondere schulrechtliche Maßnahmen zur Einhaltung der Schulpflicht, vorrangig seien. (Frei nach Roland Kaiser: Ich glaub, es geht schon wieder los, das darf ja wohl nicht wahr sein ...)

Keiner traut sich etwas zu tun, keiner hält sich für zuständig. Dem Rechtsuchenden werden Steine statt Brot gegeben.

Dass die Verhandlung heute dennoch Anlass zur Hoffnung gibt, liegt daran, dass sich beide Eltern bereit erklärt haben, nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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