Hierzu finden sich viele einschlägige Internetseiten, die für sich in Anspruch nehmen, bei der Geltendmachung und Durchsetzung berechtigter Ansprüche gegen die jeweiligen Flugunternehmen hilfreich zu sein.
Auch die Fluggesellschaften sind nicht untätig und versuchen Schlupflöcher zu finden oder Wege, um den Kunden die Anspruchstellung zu erschweren.
Eine Mandantin wollte von Frankfurt/Main nach London fliegen; genauer nach London City Airport.
Hierzu bucht ihr Sohn einen Flug über die Internetseite eines bekannten Luftfahrtunternehmens, nennen wir sie AirGilde.
In den Buchungsunterlagen tauchte immer der Name AirGilde auf. Der Flugcode war AG, der im internationalen Flugverkehr der AirGilde zugewiesen ist; und zwar ausschließlich.
Die Rechnung war von der AirGilde ausgestellt und als Rechnungsanschrift der Firmensitz der AirGilde angegeben.
Im Passenger / ItineraryReceipt, also der Fahrkarte für den Flug war als ausführendes Luftfahrtunternehmen die AirGilde vermerkt.
In den Buchungsdetails unter dem Logo der Konzernmutter stand jedoch unter der Flugnummer für Hin- und Rückflug jeweils "durchgeführt von AirGilde VillageRoute".
Diese AirGilde VillageRoute taucht in den Buchungsunterlagen sonst nirgends auf, bis auf den Boarding Pass des Rückfluges.
Sowohl der Hinflug als auch der Rückflug wurden jeweils annulliert. Die Mandantin wurde jeweils vor Ort auf Flüge der Konzernmutter umgebucht, wobei sie beim Hinflug eben nicht in London City landete, sondern in London Heathrow und für den Rückflug von London City nach London Heathrow transferiert wurde und jeweils deutlich später als zwei Stunden nach der geplanten Ankunft ihr Ziel erreichte.
Ob Mutter- oder Tochtergesellschaft kann doch dahinstehen? Weit gefehlt.
Art. 5 der VO 261/2004 nennt als Anspruchsgegner ausdrücklich das ausführende Luftfahrtunternehmen. Und da die AirGilde SE eine andere und unabhängige juristische Person des Privatrechts ist als die AirGilde GmbH, müssen Ausgleichsansprüche nun mal gegenüber der richtigen (juristischen) Person geltend gemacht werden; dies ist ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wobei einige Instanzgerichte immer mal wieder hiervon abweichen mögen.
Während der BGH ausführt:
"Als ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 Buchst. b FluggastrechteVO das Unternehmen anzusehen, das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen - juristischen oder natürlichen - Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt. Indem sie auf die Durchführung des Flugs abstellt und hiervon die zugrunde liegende Vertragsbeziehung abgrenzt, die der Fluggast auch zu einem anderen Unternehmen begründet haben kann, macht die Legaldefinition deutlich, dass für den Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens allein maßgeblich ist, welches Unternehmen mit dem von ihm bereitgestellten Flugzeug und Personal die Beförderungsleistung tatsächlich erbringt, und nicht, mit welchem Luftfahrtunternehmen der Vertrag über die Flugreise geschlossen worden ist (BGH, Urteil vom 8. August 2017 - X ZR 101/16, juris Rn. 17). Im Fall des Code-Sharing ist somit nur dasjenige Luftfahrtunternehmen ausführendes Luftfahrtunternehmen, das den Flug tatsächlich durchführt."
stellt etwa das Amtsgericht Bremen folgende Erwägungen an:
Das
Amtsgericht Bremen hat im Urteil vom 18. Januar 2013, Aktenzeichen: 4 C 0516/11
in der Kurzfassung wie folgt entschieden: „Eine Fluggesellschaft kann sich nicht
darauf berufen, infolge des sog. Code-Sharings sei allein ihre
Tochtergesellschaft ausführendes Luftfahrtunternehmen, wenn diese zwar den Flug
durchführt, dieser aber ausschließlich unter einer Flugnummer durchgeführt
wird, die den Namen des Mutterunternehmens trägt.
Ausführlich
führt das Gericht wie folgt aus:
„11. Die Beklagte behauptet, der gebuchte
Flug habe nicht durch sie durchgeführt werden sollen, sondern durch ihre
hundertprozentige Tochtergesellschaft R.. Insoweit ist zwischen den Parteien
unstreitig, dass die Flugzeuge des Luftfahrtunternehmens R. zur Flotte der
Beklagten gehören und dass von diesem Unternehmen eingesetzte Personal der
Beklagten zuzurechnen ist. Unstreitig ist ferner, dass eine Flugbuchung auf der
Internetseite des Luftfahrtunternehmens R. automatisch auf die Internetseite
der Beklagten umgeleitet wird. Die allgemeinen Beförderungsbedingungen für
Flüge, die bei der Gesellschaft R. gebucht werden, sind diejenigen der
Beklagten. Reisende können Flugbuchungen nicht direkt bei dem
Luftfahrtunternehmen R. vornehmen. Auch die auf dem Markt befindlichen
Buchungssysteme buchen Flüge ausschließlich über die Beklagte und nicht über
R.. Auf der Internetseite des Luftfahrtunternehmens R. unter
Sitemap/Informations and Services/Legal Notices wird, nachdem auf Legal Notices
geklickt wird, auf die Internetseite der Beklagten umgeleitet und es erscheinen
dort die rechtlichen Hinweise der Beklagten. Die allgemeinen
Beförderungsbedingungen der Beklagten bestimmen für den Fall eines so genannten
Code-Share-Fluges, dass ausschließlich die allgemeinen Beförderungsbedingungen
der Beklagten gelten. Dazu heißt es in Ziffer 3 der allgemeinen
Beförderungsbedingungen der Beklagten: „Die vorliegenden allgemeinen Beförderungsbedingungen
gelten auch für diese Art von Beförderungen“.
16. Beim Code-Sharing teilen sich die an der
Vereinbarung beteiligten Fluggesellschaften die Kapazitäten des betreffenden
jeweils unter eigener Flugnummer geführten Linienfluges in der Weise, dass
neben den Fluggästen des den Flug ausführenden Unternehmens, das die alleinige
Verantwortung für die Durchführung des Fluges mit dem von ihm eingesetzten
Flugzeug behält, auch Fluggäste des Code-Sharing-Vertriebspartners eingebucht
und befördert werden (BGH, Urteil vom 26.11.2009, NJW 2010, 1522). So liegt es hier nicht. Der
streitgegenständliche Flug wurde nicht unter einer Doppelflugnummer, sondern
ausschließlich unter der Flugnummer … von Bremen nach Paris geführt. Das Kürzel
AF steht für den Firmennamen der Beklagten. Entgegen der Auffassung der
Beklagten handelt es sich schon deshalb nicht um einen Fall des Code-Sharings,
bei dem ausführendes Luftfahrtunternehmen nach der Rechtsprechung des BGH
allein dasjenige ist, dass den Flug tatsächlich durchführt.
17. Darüber hinaus fehlt es bezüglich der
Firma R. am Merkmal der „alleinigen Verantwortung des tatsächlich ausführenden
Unternehmens für die Durchführung des Fluges“. Jedenfalls im Außenverhältnis zu
den Fluggästen hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt vorprozessual erkennen
lassen, dass jemand anders als sie Verantwortung für die Durchführung des
Fluges tragen sollte. Unstreitig hat der gesamte Buchungsvorgang im
vorliegenden Fall über die Beklagte stattgefunden. Die Kläger hätten unstreitig
nicht einmal theoretisch die Möglichkeit gehabt, einen Flug direkt bei der
Firma R. zu buchen. Die allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten
bestimmen für den Fall eines so genannten Code-Sharing-Fluges, dass ausschließlich
die allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten gelten. Die Beklagte hat
auch zunächst die Korrespondenz in der vorgerichtlichen Auseinandersetzung mit
den Klägern übernommen. Dabei hat sie sich auf technische Schwierigkeiten
berufen, aber zu keinem Zeitpunkt ihrer Passivlegitimation in Abrede gestellt.
Dies erfolgte erstmals im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung.“
In meinem Streitfall war die Klage daher nicht gegen die
Deutsche LufthansaAG, Linnicherstr. 48, 50933 Köln
zu richten, sondern gegen
Lufthansa CityLine GmbH, Südallee 15, 85356 München
Sollte dennoch jemand zunächst die AG verklagt haben, könnte diese BGH-Entscheidung durchaus hilfreich sein:
"Macht der Fluggast den Ausgleichsanspruch gegenüber dem vertraglichen Luftfahrtunternehmen geltend, das den Flug nicht durchgeführt hat, ist dieses verpflichtet, den Fluggast über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu unterrichten. Verletzt das Luftfahrtunternehmen diese vertragliche Nebenpflicht, hat es dem Fluggast den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die erfolglose Weiterverfolgung des Ausgleichsanspruchs gegenüber dem vermeintlichen Schuldner entsteht."
Lustigerweise hat die CityLine offenbar keine eigene Rechtsabteilung, so dass letztlich alle Ansprüche, ob berechtigt oder nicht, vom Konzernjustiziariat in Frankfurt/Main bearbeitet werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen