Donnerstag, März 22, 2007

Das "Koran"-Urteil des AG Frankfurt/Main

Zum Sachverhalt:
RA-Blog, SpON,
Handakte Webblawg



Zur Versachlichung der Diskussion

Eine Härtefallscheidung ohne Zuwartenmüssen bis zum Ablauf des Trennungsjahres kann nur dann ausgesprochen werden, wenn die Tatsache des (Weiter)-Verheiratetseins eine unzumutbare Härte darstellt, so jedenfalls das Gesetz. Wenn also keine Übergriffe nach der wegen der Gewalttätigkeiten erfolgten Trennung zu befürchten sind, dann liegt kein Härtegrund mehr vor.

Der vorliegende Fall ist wohl nicht nach deutschem, sondern nach marokkanischem Familienrecht zu beurteilen. Insoweit mag der Richterin als Zwischenergebnis beizupflichten sein, dass das Recht des Königreiches Marokko grundsätzlich ein Züchtigungsrecht des Ehemannes vorsieht.
Dabei hätte das hohe Gericht aber nicht stehenbleiben dürfen, da dieses Züchtigungsrecht gegen fundamentale Grundsätze (den sog. ordre public) des deutschen Rechts verstößt und SOMIT gerade nicht zur Anwendung gelangen durfte.

Die Kritik an der Entscheidung ist also durchaus gerechtfertigt.

8 Kommentare:

  1. Die Ehe mag in Marokko geschlossen worden sein; Aber wenigstens die Ehepartnerin ist Deutsche und die Scheidung soll in Deutschland stattfinden. Ohne dies nun im Detail zu erörtern (Ehe offensichtlich in Deutschland anerkannt) sollte klar sein, dass deutsches Recht anzuwenden ist.

    Meine Sorge ist vielmehr, dass die Rufe nach "Konsequenzen" für die Richterin immer lauter werden. Man mag den Spruch von ihr nicht mögen, aber die Unabhängigkeit der Gerichte, mithin der Richter, muss gewährleistet bleiben

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  2. Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

    wie kann es sein, dass zwar einerseits urdeutsche Rechtsinstitute Anwendung finden (Trennungsjahr, Verzicht auf das Trennungsjahr bei Unzumutbarkeit), andererseits aber marokkanisches Familienrecht anzuwenden ist?

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  3. @ anonymus

    So weit ich weiß, ist die Ehefrau zwar in Deutschland zur Welt gekommen, aber keine Deutsche, sonst wäre ohne wenn und aber deutsches Recht zur Anwendung gekommen.

    @ ivo

    Darüber kann ich nur spekulieren, da ich auch nur den Sachverhalt aus der Presse kenne. Die meisten Journalisten wissen zwar wie man eine gute Story schreibt, haben aber keine Ahnung welche Tatsachen für Fachleute relevant sind.

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  4. Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. Die Ehefrau ist wohl Deutsche, wenn auch in Marokko geboren.

    Dann ist das Urteil jenseits von gut und böse. Einfach indiskutabel.

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  5. Es ist schon erstaunlich, wie hier ohne Weiteres das "marokkanische Familienrecht" herangezogen wird. Als ob es selbstverständlich sei, dass in Marokko ein Mann seine Frau schlagen darf. Tatsächlich ist das Familienrecht in den letzten Jahren grundlegend reformiert worden. Mehr dazu gibt es hier:

    http://www.zeit.de/2007/06/Marokko?page=all
    und schon hier:

    http://www.zeit.de/2003/43/Marokko?page=all

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  6. Es gibt überhaupt kein Urteil! Man sollte sich über die Fakten informieren, bevor man sie kommentiert.

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  7. Ich habe das marokkanische Recht nicht geprüft. Darauf kommt es aber nicht an, da ich nicht behauptet habe, es gäbe (Konjunktiv) danach ein Züchtigungsrecht. Es wäre ohnehin nicht anwendbar gewesen.

    Es gibt kein Urteil, nur einen die PKH zurückweisenden Beschluß. In die Medien ist es aber als Koran-Urteil eingegangen. Unter Koran-PKH-Abweisungsbeschluss würde wohl nur ein besonders akribischer und pedantischer Internet-Nutzer suchen, der, weil er/sie ohnehin schon alles besser weiß, auf meine Kommentare nicht angewiesen ist.

    Das hier ist mein BLOG und ich nehme mir das Recht zu schreiben, was ich will, und auch Fehler zu machen. Ich bin wenigstens so großzügig auch kritische Kommentare zuzulassen, solange die Kritik sachlich bleibt.

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  8. Die Rechtslage mag eine andere sein. Aber warum sollte eine nach marokanischen Recht geschlossene Ehe unter die deutsche Gerichtsbarkeit fallen? Man sollte meinen, das nach deutschem Recht eine Ehe eben gar nicht vorliegt.
    Nun mag der Antrag auf Anerkennung dieser Hochzeit hier zwar nützlich sein, wenn man als Deutsche Staatsbürgerin den (jetzt erst anerkannten) Ehegatten gleich mit einer neuen Staatsbürgerschaft überraschen kann. Oder umgekehrt. Und ist auch nichts gegen zu sagen. Aber warum kann eine im Ausland geschlossene Ehe nacht unserem Recht geschieden werden? Bedeutet das, dass letztendlich sämtliche ausländischen Eherechte von unserem "überlagert" werden?
    Dann sollte man das Scheidungsrecht vereinfachen. Keine Anwälte mehr nötig, dafür die Gerichtsgebühr erhöhen. Bringt mehr Geld in die Staatskassen. Bei dem dann zu erwartenden Scheidungstourismus...

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