In einer Sorgerechtssache (meiner heute abwesenden Kollegin) ruft die Mandantin an. Ihr Sohn wurde heute vom Vater von der Schule abgeholt, zudem habe sie eine sms bekommen, dass der Sohn auch beim Vater bleiben werde; näheres bekäme sie mit der Post.
Ich schaffe es mit Müh' und Not noch jemanden vom Familiengericht an die Strippe zu bekommen. Ja, der Antragsgegner habe sich persönlich nach dem Verfahrensstand erkundigt. Wegen Erkrankung einer Mitarbeiterin sei ein Beschluss vom 23.08.2010 noch nicht ausgefertigt und zugestellt worden. Dem Vater wurde er bereits heute vormittag gegen EB ausgehändigt.
Auf meine dringende Bitte wird der Beschluss aufs Fax gelegt.
1. Antrag der Mutter auf Alleinsorge wird zurückgewiesen.
2. Aufenthaltsbestimmungsrecht wird auf Vater übertragen.
3. Herausgabeanordnung des Kindes von Mutter an Vater mit Zwangsmittelandrohung.
Nicht nur, dass die Mutter verständlicherweise mit den Nerven fertig ist. Der Vater hatte zu keiner Zeit*) die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Herausgabe seines Sohnes an sich beantragt. Für §§ 1666, 1666a BGB ist weit und breit kein Raum.
Mir scheint, das Gericht hat die Akten verwechselt: an einen Fall gedacht und dabei einen ganz anderen entschieden. Das wäre noch die harmlose Variante!
Natürlich werden wir nun alle Register ziehen, um diese skandalöse Entscheidung zu korrigieren.
*) doch hatte er, nur ist der Antrag erst nach dem Beschluss zugestellt worden, s. hier!
Da bleibt einem erstmal die Spucke weg. Mag gar nicht dran denken, was die Mutter fühlt in so einem Moment.
AntwortenLöschenEinstweilige Anordnungen sind in Kindschaftssachen auch von Amts wegen möglich (§ 157 III FamFG.
AntwortenLöschen@ Burschel
AntwortenLöschenEs war aber eine Endentscheidung in der Hauptsache.