Donnerstag, April 28, 2011

Genau umgekehrt

Eine Mandantin wird von mir in der Trennungsphase vertreten. Es sieht alles nach einer höchst unerfreulichen, höchst streitigen Geschichte aus.

Heute teilt mir die Mandantin mit, dass ihr Ehemann sich im Krankenhaus befindet und sie gebeten habe, sich um alles zu Hause zu kümmern. Nun will sie wissen, ob sie dies tun darf, ohne Nachteile im Hinblick auf das gerade zu Laufen begonnene Trennungsjahr zu erleiden.

Also, liebe Leser, das Trennungsjahr gibt es nicht um seiner selbst willen. Es soll beiden Ehegatten die Möglichkeit geben, über ihr Verhältnis zum Partner nachzudenken, zu prüfen, ob die Ehe nun tatsächlich gescheitert ist.

Wenn die Bereitschaft besteht, dem anderen in einer schwierigen Situation beizustehen, dann sind die Gefühle noch nicht völlig erkaltet und es ist völlig in Ordnung, der Beziehung noch mal eine Chance zu geben. Wenn es klappt, ist es prima. Scheitert der Versuch, hat man vielleicht einige wenige Wochen verloren, die im Hinblick auf die Dauer des üblichen Scheidungsverfahrens gar nicht ins Gewicht fallen.

Und ja, wenn Sie sich dazu entschließen den Ehepartner zu unterstützen, dann werden Sie sich in den allermeisten Fällen auch noch an den Anwalt ihres Vertrauens wenden können, wenn Sie ihn wieder benötigen.

Leben Sie ihr Leben, lassen Sie sich nicht von Paragraphen vorgeben, wie Sie es zu leben haben.


Anmerkung: Den Sinn des Trennungsjahres und den Anwaltszwang im Ehescheidungsverfahren pflege ich wie folgt zu verdeutlichen -:
Ohne Anwalt und ohne das Erfordernis einer einjährigen Trennung, würden die Gerichte nach den Sommerferien und nach Neujahr von einer Flut von Scheidungsanträgen überschwemmt werden, von denen sich 90 Prozent bestimmt nach wenigen Wochen wieder erledigt hätten...

3 Kommentare:

  1. Da die Mandantin aber nun einmal nach der Rechtslage (hier: nach dem Ihnen ja wohl bekannten § 1567 Abs. 2 BGB) gefragt hat, hätten Sie ihr die auch erläutern sollen, statt ihr eine unerbetene Moralpredigt zu halten.

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  2. Lieber Gast,

    ich freue mich ja sehr über ihre konstruktiv kritische Begleitung meiner Beiträge.

    Was ich mit meinen Mandanten bespreche, werde ich niemals hier öffentlich machen. Ich ziehe aus diesen Gesprächen höchstens Anregungen für meine Beiträge.

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  3. Nur gute Anwälte beraten über die Rechtslage hinaus.
    In diesem Fall geht es um einige wenige Wochen!
    Und die richtige und gute Beratung könnte sogar das Honorar des Anwalts negativ beeinflussen (wenn es nicht zur Scheidung kommt).
    Die wenigsten Anwälte sind dazu bereit/in der Lage.

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